Finanzierungsfragen stehen im Mittelpunkt der Verkehrsministerkonferenz von Bund und Ländern, die am Mittag in Münster beginnt. Dabei wird unter anderem über den "Infrastrukturfonds" beraten werden, den Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vor wenigen Wochen ins Gespräch gebracht hatte.
Sanierung ist teuer, das Geld knapp
Mit dem Fonds soll der absehbar steigende Geldbedarf für Schienen, Straßen und Wasserwege bedient werden. Denn die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland ist zunehmend marode, die Sanierung kostet viel Geld. So hatte beispielsweise vergangene Woche die bundeseigene Autobahn GmbH einen großen zusätzlichen Finanzierungsbedarf von rund 5,5 Milliarden Euro angemeldet, um die zunehmend kaputten Brücken und Autobahnen in Stand zu setzen. Zugleich ist das Geld für Erhalt und Neubau knapp, insbesondere nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom November.
Wissing: "Infrastrukturinvestitionen zuverlässig abwickeln"
Dabei ist der Fonds bislang nicht viel mehr als eine grobe Idee des Bundesministers.
Ein Vorteil solcher Geldtöpfe ist, dass die Mittel über mehrere Jahre für einen Zweck - hier die marode Infrastruktur - gebündelt bereitgestellt werden. Dadurch ist das Vorhaben ein Stück weit unabhängiger von den Haushaltsverhandlungen im Bundestag, die zuletzt besonders erbittert geführt wurden. "Die Bundesrepublik Deutschland muss in der Lage sein, ihre Infrastrukturinvestitionen in dem Maße zu tätigen, wie sie notwendig sind, um Güterverkehre, Personenverkehre künftig zuverlässig abzuwickeln", hatte Wissing seine Idee begründet.
Nach seiner Vorstellung sollen neben der öffentlichen Hand auch private Firmen - etwa Pensionsfonds oder Versicherungen - in Wasserwege, Straßen und Schienen investieren.
Krischer: "Beschlüsse fassen"
Unterstützung bekommt Wissing in der Frage des "Investitionsfonds" von ungewohnter Stelle: von seinem NRW-Amtskollegen Oliver Krischer (Grüne). Er unterstütze ausdrücklich Wissings Konzept, den Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur mithilfe eines Infrastrukturfonds zu finanzieren, ließ er wissen. Und er macht Tempo: "Ich würde mich freuen, wenn wir auf der anstehenden Verkehrsministerkonferenz darüber reden und vielleicht auch schon Beschlüsse fassen können", sagte Krischer, der das Treffen am Mittwoch und Donnerstag als Vorsitzender leitet.
Sondervermögen einrichten? Schuldenbremse aussetzen?
Doch hinter der neuen Einigkeit verstecken sich alte Konfliktlinien zur zentralen Frage: "Woher soll das Geld kommen?"
Investitionen aus der Wirtschaft werden womöglich nicht ausreichen - und die Spielräume des Staates sind begrenzt: Da ist auf der einen Seite die Schuldenbremse, die eine Finanzierung des Fonds über Kredite massiv erschwert. Einige, vor allem SPD-geführte Länder, brachten zuletzt ein Aussetzen der Schuldenbremse ins Spiel, um die Verkehrsinfrastruktur auf Vordermann zu bringen. Ein Sprecher von Wissings Verkehrsministerium erteilte dem aber eine Absage. Ein anderes Szenario wäre ein Sondervermögen, vergleichbar mit dem für die Bundeswehr. Doch auch das befürwortete Wissing bislang ausdrücklich nicht.
"Erhalt vor Neubau"?
Schließlich wird sich beim angedachten Fonds die Frage nach dem "wofür" stellen: FDP-Mann Wissing hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass auch der Neu- und Ausbau von Autobahnen für ihn eine Priorität darstellt. VMK-Vorsitzender Krischer von den Grünen dagegen fordert in Sachen Straßen "Erhalt vor Neubau" und will zusätzliche Strecken und Spuren lediglich beim Schienenverkehr.
Angesichts der komplizierten Gemengelage wäre es bereits ein Fortschritt, wenn sich Bund und Länder auf die nächsten Schritte in den Beratungen um den "Infrastrukturfonds" einigen könnten.
Auch Deutschlandticket auf der Tagesordnung
Das Deutschlandticket wird auf der Verkehrsministerkonferenz ebenfalls wieder Thema sein. Zwar ist die Finanzierung für 2024 gesichert, der Preis wird bis Ende des Jahres bei 49 Euro bleiben. Ab dem kommenden Jahr aber sind zentrale Finanzierungsfragen wieder offen. Auch ein womöglich steigender Preis für das Abo-Ticket ist nicht ausgeschlossen.
Nordrhein-Westfalen will die gemeinsame Finanzierung durch Bund und Länder möglichst für die kommenden zehn Jahre aushandeln. Das Ziel sei, dass Bund und Länder den staatlichen Zuschuss zum Ticket weiter je zur Hälfte tragen - und zwar "in einem ersten Schritt für einen Zeitraum von zehn Jahren ab dem Jahr 2026 an", heißt es in der Beschlussvorlage des Vorsitzlandes NRW für die Verkehrsministerkonferenz, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte der "Tagesspiegel" berichtet.
Beraten wird auch die Novelle des Straßenverkehrsrechts, die im November vorerst im Bundesrat scheiterte - auch an der Enthaltung Nordrhein-Westfalens. Die Reformpläne der Ampel-Regierung im Bund sahen vor, dass Kommunen mehr Spielraum bei der Einrichtung von Tempo-30-Zonen bekommen - ebenso bei Fahrradwegen, Zebrastreifen oder Sonderspuren für Busse und E-Autos. Sollten sich die unionsgeführten Länder in der Frage bewegen, könnte das Vorhaben über den Vermittlungsausschuss unter Umständen doch noch auf den Weg gebracht werden.
Auch über die steigenden Kosten für Führerscheinprüfungen beraten die Ministerinnen und Minister in Münster.
Über dieses Thema berichten die Hörfunk-Nachrichten von "WDR aktuell" am 17.04.2024 ab 6 Uhr.