Die SPD will die umstrittene 1.000-Meter-Regel bei der Windenergie streichen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf werden die oppositionellen Sozialdemokraten kommende Woche in den Landtag einbringen.
Abschaffung "eben nicht scheibchenweise wie die Landesregierung"
"Wir wollen die unnötigen, pauschalen Abstandsregeln für Windkraft abschaffen - komplett. Eben nicht scheibchenweise wie die Landesregierung", sagte André Stinka, der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, bei der Vorstellung des Vorhabens am Donnerstag. Damit will die SPD den Ausbau der Windenergie in Nordrhein-Westfalen beschleunigen. Die Wirtschaft lobte den Vorstoß: "Das ist eine überfällige Initiative zur richtigen Zeit", kommentierte Reiner Priggen, der Vorsitzende des Landesverbands Erneuerbare Energien (LEE NRW), der unter anderem die Interessen der Windkraft-Erbauer vertritt.
Nordrhein-Westfalen will innerhalb von 23 Jahren klimaneutral werden, der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik in Verbindung mit Energiespeichern gilt dafür als Schlüssel. Die schwarz-grüne Landesregierung hat sich deshalb vorgenommen, bis 2027 eintausend zusätzliche Windräder aufzustellen. Diesem Ziel hinkt sie aber deutlich hinterher.
Mehr Windräder wären möglich
Hier kommt die umstrittene Abstandsregel ins Spiel, nach der Windräder in NRW grundsätzlich nur gebaut werden dürfen, wenn sie einen Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohngebieten haben. CDU und FDP hatten sie vergangenes Jahr eingeführt, und sie bremst den Ausbau der Windräder enorm: Würde der Abstand auf 720 Meter verringert, so würde das die zur Verfügung stehende Fläche für Windräder auf einen Schlag um 42 Prozent erhöhen. Das hat eine Studie des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) ergeben.
Der Entwurf der SPD sieht nun vor, Paragraph zwei im "Gesetz zur Ausführung des Baugesetzbuches" ersatzlos zu streichen. In ihm ist der Mindestabstand von 1.000 Metern festgeschrieben. Pikant: Genau diese Maßnahme hatte die SPD im März schon einmal als Gesetzesentwurf eingebracht - gemeinsam mit den Grünen, die damals noch in der Opposition saßen.
Möglicher Oppositions-Coup der SPD
Die Grünen sind aber seit Mai Teil der Landesregierung mit der CDU - und sie haben in den Koalitionsverhandlungen die sofortige Abschaffung der 1.000-Meter-Regel nicht gegen die Union durchsetzen können. Der schwarz-grüne Kompromiss sieht vor, dass die pauschale Abstandsregel für neue Windräder nun schrittweise abgeschafft wird, über die Landes- und Regionalplanung. Wegen entsprechender Beteiligungsverfahren wird diese aber nicht vor Ende 2024 in Kraft treten. Dagegen werde der SPD-Vorschlag "die dringend notwendige Planungssicherheit und neue Flächen schon bis 2025 ermöglichen", so SPD-Mann Stinka.
Der Gesetzesvorschlag der SPD wird kommende Woche eingebracht und dann an den zuständigen Bauausschuss verwiesen. Am Ende des Beratungverlaufs ist eine namentliche Abstimmung im Landtag wahrscheinlich. Voraussichtlich werden die Grünen dann aus Treue zur Koalition mit der CDU gegen ein Gesetzesvorhaben stimmen, das sie so selbst vor wenigen Monaten eingebracht haben. Wenn es so kommt, wäre der der SPD ein kleiner Oppositions-Coup gelungen.
Der WDR Berichtet über das Thema u.a. im Westblick, 17.05 Uhr auf WDR 5