Die Landesregierung hat den Findungsprozess für einen zweiten Nationalpark in NRW gestartet. Seit Mittwochvormittag können Regionen unverbindlich ihr Interesse bekunden, in ihrem Gebiet einen Nationalpark auszuweisen. Diese Meldung kann aus der lokalen Politik kommen, aber auch von engagierten Bürgerinnen und Bürgern oder Verbänden und Vereinen. Bis der Nationalpark ausgewiesen und dann auch eröffnet ist, wird es bis mindestens Ende 2024 dauern.
Grünen-Minister euphorisch, CDU-Ministerin zurückhaltender
Mit dem Sammeln der Interessenbekundungen will sich das Land einen ersten Überblick verschaffen. "Der Nationalpark Eifel hat in den letzten zwei Jahrzehnten in Nordrhein-Westfalen gezeigt, wie erfolgreicher Naturschutz umgesetzt werden und davon eine ganze Region wirtschaftlich profitieren kann. Daran wollen wir mit einem zweiten Nationalpark anschließen", sagte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne).
Sie verwies auf Wachstumseffekte für den Tourismus und verwandte branchen. Ihr Parteifreund Oliver Krischer ergänzte: "Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine faszinierende und vielfältige Natur. Diesen Naturschatz wollen wir mit einem zweiten Nationalpark für die nächsten Generationen erhalten und für die Menschen erlebbar machen", so der Umweltminister.
Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) betonte, dass die Landesregierung bei diesem Prozess auf den Dialog vor Ort setze. "Wir wollen die Menschen mitnehmen. Bei meinen Reisen durch das Land nehme ich auch Skepsis wahr, die in ländlichen Regionan geäußert wird", erklärte sie. "Nur mit einer breiten Akzeptanz in der Region kann ein zweiter Nationalpark gelingen", so Gorißen.
Natur soll sich möglichst ohne Eingriffe frei entwickeln
Tatsächlich gibt es in den Regionen, die sich für einen Nationalpark interessieren, oft viele Fragen und auch Gegenwehr. Der Grund: In einem Nationalpark ist die freie Entwicklung der Natur auf großer Fläche das oberste Ziel. Das bedeutet, dass Tiere und Pflanzen möglichst weitgehend ohne menschliche Eingriffe gedeihen sollen. "Natur Natur sein lassen" ist der Leitsatz der deutschen Nationalparks.
Widerstand aus den Regionen
Für Waldbauern und Holzindustrie führt das dazu, dass sie in der Regel in Nationalparks kein Holz abbauen können. Landwirte haben teils Sorge vor Schädlingen, die sich im Nationalpark ungestört vermehren und auf ihre angrenzenden Felder übersiedeln könnten. Das kann ganze Geschäftsgrundlagen stören.
Und schließlich bedeutet auch für die Anwohnerschaft ein Nationalpark Veränderung: Altbekannte Waldwege können gesperrt oder umgeleitet, die Nutzung eingeschränkt werden. Aus diesen Gründen sind lokale Politiker teils gegen einen Nationalpark in ihrem Verantwortungsbereich.
Land verspricht viel Beteiligung
Weil sie diese Vorbehalte kennt, hat die schwarz-grüne Landesregierung den Findungsprozess mit vielen Beteiligungsmöglichkeiten gestaltet. Die erste Phase der informellen, ersten Interessenbekundung dauert bis Ende des ersten Quartals 2024. Das heißt: Hier können sich die Menschen melden, wenn sie eine Idee für einen Standort haben. Darauf folgt die zweite Phase. In dieser müssen die Kreise, die einen Nationalpark wollen, beim Land offiziell einen Antrag stellen.
Die Entscheidung für diese Bewerbung muss zuvor vor Ort fallen - zum Beispiel per Beschluss von Stadtrat oder Kreistag. Davor gibt es aber Diskussionen und Bürgerbeteiligungen. Dabei bietet das Land Unterstützung an - zum Beispiel, indem es Interessierte berät oder dabei hilft, Diskussionsrunden vorzubereiten und durchzuführen. Das Land vermittelt auch an spezialisierte Agenturen.
Entscheidung frühestens Ende 2024
Aus diesen Bewerbungen sucht das Land schließlich in einem dritten Schritt einen Kandidaten aus, danach wird der neue Nationalpark per Verordnung formal festgelegt. Die Landesregierung erwartet, dass dieser Prozess frühestens Ende 2024 abgeschlossen sein wird.
Land legt Impuls vor
Als ersten Impuls hat das die Landesregierung eine NRW-Karte veröffentlicht mit Flächen, die im Besitz des Landes sind - und die weitgehend unzerschnitten und prinzipell groß genug sind für einen denkbaren Nationalpark. Auch eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt weisen diese Bereiche auf. Alle drei Minister betonten jedoch, dass auch weitere Flächen für den zweiten Nationalpark in Frage kommen. Der Prozess sei vollkommen ergebnisoffen.