Eigentlich sollte Carlotta, genannt Lotti, gerade im Auslandsjahr in Kanada sein - die Welt erkunden, Abenteuer erleben, mit Freunden unterwegs sein. Stattdessen verbringt die 17-Jährige ihre Tage in einem verdunkelten Zimmer, weil sie es anders kaum aushält. In der Schule war sie schon seit anderthalb Jahren nicht mehr. Lotti hat ME/CFS, das Chronische Fatigue-Syndrom. Ausgelöst wurde die Erkrankung durch ihre Coronainfektion.
Obwohl es tausenden Menschen geht wie Lotti, ist über die Erkrankung noch nicht viel bekannt. Auch die genauen Ursachen der Krankheit sind nach wie vor ungeklärt. Eine Coronainfektion kann ein Auslöser sein. Aber ME/CFS kann auch nach anderen viralen Infektionskrankheiten, wie dem Pfeifferschen Drüsenfieber oder einer schweren Grippe, auftreten. Ein Medikament gibt es bislang auch nicht.
Demo für die, die nicht selbst demonstrieren können
Mit dieser Situation wollen sich die Betroffenen und ihre Angehörigen nicht abfinden - und hatten für Samstag deswegen bundesweit Demonstrationen angestoßen. So rief die Initiative #LiegendDemo in zwölf Städten dazu auf, im Liegen für "Anerkennung, Versorgung, Forschung" zu protestieren. Mit dabei waren auch Köln (auf dem Heumarkt) und Bielefeld (auf dem Jahnplatz). Zusätzlich appellierte die Initiative an alle anderen Menschen, sich zwischen 14 und 14.15 Uhr, wo auch immer sie sich aufhielten, auf den Boden zu legen.
Zwischen 140.000 und 310.000 Menschen in Deutschland betroffen
ME/CFS steht für Myalgische Enzephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrome. Genauso kompliziert wie der Name ist auch die Erkrankung selbst. Das Krankheitsbild ist so komplex und es gibt so viele verschiedene Symptome, dass Definition und Diagnose häufig schwierig sind. Wie viele Menschen in Deutschland betroffen sind, kann aktuell nur geschätzt werden.
Laut eines Berichts des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) belaufen sich die Schätzungen auf 140.000 bis 310.000 betroffene Menschen. Es wird vermutet, dass die Zahlen aufgrund der Coronapandemie noch ansteigen werden, da einige Post-Covid-Betroffene teilweise die Kriterien einer ME/CFS-Erkrankung erfüllen.
Zu weiteren Symptomen abseits von großer Erschöpfung können auch schwere Schlafstörungen, Sprach-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Muskel- und Gliederschmerzen sowie erhöhte Infektanfälligkeit zählen. Auch für die Angehörigen der Betroffenen kann die Erkrankung eine große Belastung sein.
Gedenktag am Sonntag
Häufig wird die Krankheit von unbeteiligten Menschen allerdings noch nicht ernst genommen, berichten einige Betroffene. Und das, obwohl die Weltgesundheitsorganisation WHO die Krankheit schon vor 55 Jahren als neurologische Krankheit klassifiziert hat.
Die Initiatorinnen und Initiatoren der Liegenddemos hoffen, das Verständnis für die Krankheit ME/CFS und allem, was damit zusammenhängt, zu stärken. Zusätzlich zu den Demonstrationen finden an diesem Sonntag, dem Internationalen ME/CFS-Tag, auch noch Aktionen statt. So werden etwa in mehr als 30 Städten öffentliche Gebäude und Sehenswürdigkeiten blau angestrahlt.
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