Mieten in NRW: Wo Wohnungen noch günstig sind
Stand: 06.03.2023, 10:52 Uhr
Viele Menschen drängen aktuell auf den Wohnungsmarkt in NRW: Studenten, die nach Corona zuhause ausziehen, Flüchtlinge - und Menschen, die sich den Hauskauf nicht mehr leisten können. Zugleich wird zu wenig gebaut. Doch ein Projekt in Gelsenkirchen macht Hoffnung.
Von Jörn Seidel
Wohnungssuche in NRW - auch Anabel Starosta ist vom schmalen Angebot an Mietwohnungen enttäuscht. "Es war schwer, Wohnraum zu finden", sagt die 32-jährige Berufseinsteigerin, die seit Herbst in Duisburg arbeitet. Sie suchte im gesamten Ruhrgebiet. Oft aber waren die Wohnungen veraltet und in keinem guten Zustand - oder hatten viel zu hohe Mieten und dann nicht mal eine Küche.
Gute Wohnung zu günstigem Preis
Dann stieß Starosta auf die Stadterneuerungsgesellschaft Gelsenkirchen. Das städtische Unternehmen kauft Schrottimmobilien auf und lässt sie abreißen - oder sanieren, um sie dann günstig zu vermieten. Das soll Quartieren wie dem Stadtteil Ückendorf neuen Schwung verleihen. "Die hatten sofort ein top Angebot für mich", erzählt Starosta dem WDR.
Für viele Wohnungssuchende in NRW bleibt das ein Traum. Oft gehen sie erst gar nicht auf Suche - und leben weiterhin in zu kleinen oder zu teuren Mietwohnungen. Ausgeprägt ist das sogar in Recklinghausen, Bochum oder Mülheim an der Ruhr, wo viele Mieterinnen und Mieter nicht üppig verdienen.
In NRW leben etwa 1,4 Millionen Haushalte in zu kleinen oder zu teuren Mietwohnungen, so eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung von 2021. Das ist mehr als die Hälfte (53,48 Prozent) aller Miet-Haushalte in den NRW-Großstädten.
Mieterbund fordert NRW-Wohnungsbaugesellschaft
Zur Linderung der Wohnungsnot fordert Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des Mieterbundes NRW, die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft durch das Land. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) habe ausreichende Mittel dafür, sagte er dem WDR. "Das hat auch den Vorteil, dass die vielen Millionen und Milliarden in der öffentlichen Hand, also bei den Bürgerinnen und Bürgern, bleiben."
Glück in Ückendorf - für 600 Euro Kaltmiete
Anabel Starosta hat Glück gehabt. In Gelsenkirchen-Ückendorf lebt sie jetzt mit ihrem Partner auf 95 Quadratmetern und zahlt dafür kalt je 6,50 Euro, also etwas mehr als 600 Euro. Im Preis enthalten: "eine wunderschöne Küche, schön hell und offen", so Starosta, und bald "ein nagelneuer Balkon".
Der Haken vorerst: In Starostas Quartier sind noch viele Häuser heruntergekommen. Es wird wohl noch Jahre dauern, bis Ückendorf - so wie erhofft - so richtig in neuem Glanz erstrahlt.
Zumindest sei die Hälfte von dem, was sich die Stadterneuerungsgesellschaft vorgenommen habe, jetzt saniert, sagt Mario Hofmann, zuständiger Teamleiter von der Stadt Gelsenkirchen. Und das Projekt habe Erfolg.
So wohnen in den sanierten Gründerzeit-Häusern jetzt auch Zugezogene aus Essen, Bochum und Dortmund.
Dort sind die Mieten oft merklich höher, wie eine umfassende Auswertung von Wohnungsanzeigen zeigt, die die NRW.Bank dem WDR zur Verfügung gestellt hat.
Auf teure Städte wie Münster, Düsseldorf, Bonn und Köln lässt sich das Beispiel Ückendorf nicht übertragen. Aber es zeigt, dass man dem angespannten Wohnungsmarkt in NRW entkommen kann, wenn man sich einlässt auf Pendeln oder Homeoffice und Wohnungen ohne eigenen Garten.
Vor allem spüre man in Ückendorf einen "Aufbruch", schwärmt Anabel Starosta. "Hier passiert sehr, sehr viel." Es gebe neue Cafés, Kunstgalerien, Konzerte. "Es ist eine Oase der Gentrifizierung."
Über dieses Thema berichteten am 06.03.2023 auch das "Morgenecho" bei WDR5 und die "Aktuelle Stunde" im WDR Fernsehen.