Katholische Reformverweigerung - Die Kirche vor dem Kipp-Punkt
Stand: 10.03.2023, 20:37 Uhr
Distanziert, realitätsfern und nicht bereit, die eigenen Fehler einzugestehen - das werfen viele Menschen der katholischen Kirche vor. Seit Jahren steigen die Zahlen der Kirchenaustritte. Die Kirche muss sich reformieren, um zu überleben. Aber ist sie bereit dazu?
Der 2019 ausgerufene Synodale Weg sollte die Brücke zwischen der Kirche und den Menschen sein, um neues Vertrauen zu schaffen. Vertrauen, das aufgrund der jahrzehntelangen Vertuschung von sexualisierter Gewalt an Minderjährigen durch Geistliche weggebrochen war. Es sollte eine Chance auf einen Neubeginn sein und die katholische Kirche von ihrem angestaubten Image befreien. Bischöfe und Laien sollten zusammenkommen, diskutieren und Beschlüsse und Empfehlungen erarbeiten, um Themen wie Machtmissbrauch, Zölibat, Frauen im Priesteramt und den Umgang mit der Sexualmoral. Vier Jahre später findet nun die letzte Synodale Zusammenkunft in Frankfurt statt.
Das Ergebnis ist ernüchternd. Schlagzeilen machten nicht die erhofften großen Veränderungen, sondern die Entscheidung der Bischöfe, queere Menschen in der Kirche beruflich weiter zu diskriminieren. Es zeichnete sich ab, dass das Machtgefälle zwischen Bischöfen und Laien den Handlungsspielraum für Reformen stark begrenzte.
Mitglieder bleiben hoffnungsvoll
Doch statt Frust erlebt WDR-Reporterin Christina Zühlke oftmals eine positive Stimmung. Sie recherchiert und berichtet seit Jahren über sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche. Die Basis sei voller Hoffnung - der Glaube aber auch die Gemeinschaft könne auch bunt und einladend sein. Die Laien investieren ihre Zeit und Kraft ehrenamtlich in die Treffen, um eine Kirche zu schaffen, die zur Gegenwart passt. Die Reform der katholischen Kirche ist ein Ultramarathon, der noch Jahre dauern wird. Jeder Schritt, sei es eine Änderung oder auch nur die Bereitschaft zum Dialog, sei ein wichtiger Fortschritt. Schließlich hätte man sich vor einigen Jahren nicht vorstellen können, dass hochrangige Kirchenvertreter über Themen wie Sexualmoral öffentlich sprechen würden.
Auch Betroffene engagieren sich
Besonders in Erinnerung geblieben ist Christina Zühlke die Begegnung mit einem Vater-Tochter-Duo. Die Tochter Katharina Norpoth moderiert auf der Synodalen Zusammenkunft und betont, wie wichtig ihr die Kirche und die Gemeinschaft ist. Sie sei mit der Kirche und der katholischen Jugend aufgewachsen und ihr habe der Glaube stets Kraft gegeben. Der Vater Johannes Norpoth setzt sich auch ein - obwohl, oder vielleicht weil, er als Kind durch einen Geistlichen sexuelle Gewalt erfuhr.
In der aktuellen Folge "nah dran" berichtet Christina Zühlke von ihren Eindrücken vom Synodalen Weg. Sie spricht über die Hoffnungen der Gläubigen aber auch über die fehlende Bereitschaft der Bischöfe, einen neuen Weg einzuschlagen.
Der Podcast "nah dran"
Im Podcast "nah dran - die Geschichte hinter der Nachricht" erzählen unsere Reporterinnen und Reporter, was sie bei ihren Recherchen erlebt haben. Sie werfen einen Blick hinter die Nachrichten, hören Betroffenen zu und erleben selbst mit, wovon die meisten nur kurz in den wöchentlichen Schlagzeilen lesen. Näher ran als sie kommt keiner - egal ob im Ausland, in der Hauptstadt oder direkt vor unserer Tür in der Region.