Was ist Pipamperon?
Das Medikament gehört zur Gruppe der so genannten Neuroleptika. Es wird zur Behandlung von Schlafstörungen angewendet, insbesondere bei älteren Patienten. Außerdem wird es auch zur Behandlung von Unruhe und bestimmten psychomotorischen Erregungszuständen verschrieben.
Wann kann der Einsatz bei Kindern sinnvoll sein?
Pipamperon kann als "eine Art Notfallmedikament" unter anderem bei sehr starker Anspannung oder Impulsivität angewendet werden, sagte Prof. Dr. Dr. Martin Holtmann in einem Gespräch mit dem WDR. Der ärztliche Direktor der Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der LWL-Uniklinik Hamm hält den Einsatz aber nur in seltenen Fällen für sinnvoll.
"Pipamperon ist ein Medikament, das nur extremen Ausnahmesituationen vorbehalten ist." Martin Holtmann, Kinderpsychiater
Generell müsse man bei seelischen Erkrankungen immer abwägen, welche Risiken die Erkrankung habe, wenn sie nicht behandelt werde und welche Risiken ein Medikament haben könnte. Für Holtmann ist in fast allen Fällen eine Psychotherapie der erste sinnvolle Schritt. Wenn das nicht ausreiche, könne man über Medikamente wie Pipamperon überhaupt nachdenken.
Was gilt es zu bedenken?
Zur Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren liegen für Pipamperon nur begrenzte Studien vor. Ein Gutachten, das die Ärztekammer Nordrhein in Auftrag gegeben hat, kommt zu dem Schluss, dass das Arzneimittel nur "unter besonderer Berücksichtigung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses verordnet werden" sollte.
In der Regel sei eine Behandlung mit dem Medikament nicht angemessen. Ausnahmen könnten laut Gutachten nur "schwerste aggressive Verhaltensstörungen sein, die auf intensive pädagogisch-therapeutische Interventionen nicht ansprechen".
Welche unerwünschten Wirkungen kann das Medikament haben?
Pipamperon kann schwere Nebenwirkungen hervorrufen. Dazu gehört zum Beispiel eine sedierende, also beruhigende Wirkung. Außerdem können unter anderem auch Herz-Kreislauf-Probleme, Schläfrigkeit, Bewegungsstörungen, Kraftlosigkeit, Erbrechen oder Depressionen auftreten.
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Bei einer Langzeiteinnahme kann es auch zu Gewichtszunahme oder Parkinson-ähnlichen Symptomen wie Muskelsteifheit oder einer verminderten Beweglichkeit kommen, heißt es in dem Gutachten. Demnach kann es in seltenen Fällen sogar vorkommen, dass einzelne Nebenwirkungen auch nach dem Absetzen des Medikaments nicht mehr umkehrbar sind.
Was sollten Eltern beachten?
Bevor ein Kind Medikamente wie Pipamperon einnimmt, empfiehlt der Kinderpsychiater Martin Holtmann, sich beim Arzt oder Psychotherapeuten genau zu erkundigen und nachzufragen, ob der Einsatz wirklich notwendig ist. Außerdem rät er, sich darüber hinaus auch weitere Hilfe zu suchen. Zum Beispiel bei Selbsthilfegruppen wie "ADHS Deutschland" oder anderen Stellen wie der "Stiftung Kinderseele" oder der "Stiftung Depressionshilfe".
Unsere Quellen:
- Prof. Dr. Dr. Martin Holtmann, LWL-Uniklinik Hamm
- Ärztekammer Nordrhein
- Arznzeimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft