Sie war Dozentin an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen (HSPV) in Gelsenkirchen. Im Mai hatte Bahar Aslan sich auf dem damaligen Portal Twitter (heute "X") zur immer wieder aufflammenden Diskussion über Rassismus bei der Polizei geäußert:
"Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land."
Harter Tobak für viele ihrer Kollegen, der zu heftigen öffentlichen Diskussionen bis in die Landespolitik führte. Die Polizei-Hochschule in Gelsenkirchen entschied daraufhin, Aslans vereinbarte Verlängerung ihres Lehrauftrags für "Interkulturelle Kompetenzen" zu widerrufen. Aslan wurde nach ihrem Tweet quasi gekündigt.
Verwaltungsgericht: Kündigung rechtswidrig
Die Dozentin klagte dagegen beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen - und bekam am Dienstag zumindest vorläufig Recht. Die Gerichtskammer fand, dass der Widerruf des Lehrauftrags durch die Hochschule "rechtswidrig ergangen" sei. Aslan könne ihren Lehrauftrag vorläufig – bis zu einer Entscheidung über die Klage gegen den Widerruf – weiter ausüben.
Zwar ließen die öffentlichen Äußerungen der Antragstellerin "durchaus Zweifel an ihrer Eignung zur Lehrbeauftragten", stellte das Gericht fest. Dennoch habe die Hochschule es versäumt, in der Gesamtbetrachtung "Umstände, die zugunsten der Antragstellerin sprechen, einzubeziehen". Die Vorwürfe gegen Aslan würden zudem eine Kündigung nicht ausreichend begründen. Die Hochschule hatte offenbar eine fehlende Nebentätigkeitsgenehmigung und Drohungen gegen die Schule durch Dritte aufgezählt.
"Inhaltliche Debatte muss weitergehen"
Aslans Anwalt Patrick Heinemann äußerte sich über den Onlinedienst "X" am Dienstag zufrieden: Land und Hochschule hätten auf den kritischen Tweet "überreagiert und maßgebliche Aspekte wie Bahar Aslans Leistungen als Lehrbeauftragte unberücksichtigt gelassen". Dem "Kölner Stadtanzeiger" sagte Aslan, die Entscheidung zeige, "dass der Rechtsstaat funktioniert. Es war rechtswidrig, mich als Lehrbeauftragte wegen einer kritischen Äußerung zu Rechtsextremismus in der Polizei abzusetzen". Jetzt müsse die inhaltliche Debatte "dort weitergehen, wo sie hingehört: In den Hochschulen, in der Gesellschaft".
Rechtsextreme Chats bei der Polizei
Kurz nach ihrem Tweet im Mai hatte Aslan eine "unglückliche Wortwahl" eingeräumt und gesagt, es tue ihr leid, wenn sich Polizisten angesprochen fühlen, die vorbildlich ihren Dienst täten. Ihre Klage hatte sie gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) eingereicht, die darauf hinwies, dass sich Meldungen über rechtsextreme Chats und rassistische Vorfälle innerhalb von Sicherheitsbehörden in letzter Zeit gehäuft hätten. Kritik an staatlichen Behörden üben zu können, sei Teil der Meinungsfreiheit, hatte die GFF erklärt, das habe die Polizeihochschule "grob verkannt".
Laut "Kölner Stadt-Anzeiger" äußerte sich die Polizeihochschule am Dienstag nur kurz. Die Zeitung zitiert einen Sprecher: "Wir haben den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Gelsenkirchen heute zur Kenntnis genommen und prüfen diesen innerhalb der gerichtlichen Frist von zwei Wochen."
Unsere Quellen:
- Pressemeldung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen
- Kölner Stadtanzeiger
- Onlinedienst X: https://twitter.com/P_O_Heinemann/status/1699007257051124149
Über dieses Thema berichten wir am 05.09.2023 um 17 Uhr im Hörfunk in den Nachrichten, unter anderem bei WDR 2.
Hinweis: In einer ersten Version dieses Beitrags hieß es, Bahar Aslan sei Polizistin. Das ist nicht korrekt. Sie ist Hochschuldozentin und, nach eigenen Angaben, "politische Bildnerin und Speakerin".