Von Vertrauensverlust und Skandal wird inzwischen häufig gesprochen, wenn es um das Verhalten von Polizeipräsident Wolfgang Albers nach den gewaltsamen sexuellen Übergriffen gegen Frauen am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht geht. Der ehemalige NRW-Integrationsminister und Oppositionspolitiker im Landtag, Armin Laschet (CDU), kritisierte am Donnerstagabend (07.01.2015) im ZDF vor allem die Informationspolitik der Kölner Polizei: "Das zunächst Schönreden der Situation und dann erst Stück für Stück die Wahrheit herausgeben, das ist ein Versagen der örtlichen Polizeiführung in Köln." Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV) Frank Überall bezeichnete das Verhalten von Albers als "skandalös". Er warf dem Polizeipräsidenten vor, den Journalisten bisher falsche oder unvollständige Informationen geliefert zu haben. "Das ist nicht hinnehmbar." Damit wird auf den Punkt gebracht, was viele inzwischen denken. Es ist klar, dass die Ausmaße der Übergriffe der Polizeiführung bereits am Silvesterabend, spätestens aber an Neujahr bekannt waren. Trotzdem wurde die Öffentlichkeit zunächst von Polizeipräsident Wolfgang Albers nicht über die Fakten informiert - und das offenbar bewusst.
Polizeipräsident: Habe nichts vertuscht
Der Kölner Polizeipräsident Albers hat sich indes am Freitag (08.01.2016) gegen Vorwürfe gewehrt, er habe nach den Übergriffen die Herkunft von Verdächtigen verschwiegen. Er habe mehrfach betont, dass es Personenkontrollen gegeben habe und sich viele der Betroffenen mit Dokumenten ausgewiesen hätten, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ausgestellt waren. Gleichzeitig habe er immer darauf hingewiesen, dass die kontrollierten Männer nicht zwangsläufig auch Täter seien. Albers: "Mir vorzuwerfen, das ich die Herkunft von Tatverdächtigen verschleiert hätte, ist daher vollkommen abstrus."
Begründung: Angst vor politischen Konsequenzen
Wie der "Kölner Stadtanzeiger" berichtet, hatte es bereits am frühen Neujahrsmorgen einen Sonderbericht mit dem Vermerk "WE" (Wichtiges Ereignis) für die Silvesternacht gegeben. Darin soll der verantwortliche Dienstgruppenleiter - trotz Einspruch des Einsatzleiters - die Herkunft der kontrollierten Männer bewusst verschwiegen haben. Die besagten Nationalitäten kommen darin nicht mehr vor. "Auch Chaos, Gewalt, Angst und sexuelle Belästigung finden nur noch in abstrakten Formulierungen statt", zitiert der "Kölner Stadtanzeiger" Polizeikreise. Der Grund für die Beschönigungen seien Angst vor politischen Konsequenzen gewesen, wie die Zeitung weiter berichtet. In einem später öffentlich gewordenen Bericht eines Kölner Einsatzleiters heißt es unter anderem: "Bei den durchgeführten Personlienfeststellungen konnte sich der überwiegende Teil der Personen lediglich mit dem Registrierungsbeleg als Asylsuchender der BAMF ausweisen, Ausweispapiere lagen in der Regel nicht vor."
Diskussion über Albers Rücktritt
Nachdem inzwischen je ein Bericht der Bundespolizei und ein Bericht des Einsatzleiters der Kölner Hundertschaft an die Öffentlichkeit gelangten, steigt der Druck auf den Kölner Polizeipräsidenten. Auch die Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat inzwischen gefordert, dass das Einsatzgeschehen und die Informationspolitik selbstkritisch geprüft werden müssen. Zu einem möglichen Rücktritt von Polizeipräsident Albers wollte sich Reker nicht äußern. Das sei Sache der Polizei und des Innenministeriums, sagte Reker dem "Kölner Stadtanzeiger". Am Montag (11.01.2015) will sich der Innenausschauss im Landtag mit dem Thema beschäftigen - dafür soll erneut ein ausführlicher Bericht der Ereignisse angefertigt werden.
"Albers hat Kommunikationsdesaster angerichtet"
Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, macht dem Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers wegen der Informationspolitik zu den Silvester-Übergriffen schwere Vorhaltungen. Albers habe ein Kommunikationsdesaster angerichtet, sagte Wendt am Freitag. Die Kölner Polizei mache die Schotten dicht und Albers äußere sich gar nicht mehr, während von verschiedenen Seiten widersprüchliche Informationen auftauchten.
Untersuchungsausschuss im Landtag?
Die Kölner Polizei will nach den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht vorläufig keine Auskünfte mehr zum Ablauf des Einsatzes geben. Ein Polizeisprecher hatte am Donnerstag erklärt, zunächst müsse man nun dem NRW-Innenministerium ausführlich Bericht erstatten. Am kommenden Montag (11.01.2016) will sich der Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags mit den Vorfällen in Köln befassen. Aus Respekt vor dem Parlament würden bis dahin keine Auskünfte zum Einsatzgeschehen an Silvester mehr erteilt, sagte der Sprecher. Wendt sagte, er gehe fest davon aus, dass im Landtag in Nordrhein-Westfalen ein Untersuchungsausschuss zu den Vorfällen eingerichtet werde.