Bei einigen Bewohnerinnen und Bewohnern in der Stadt Heinsberg ist der Ärger groß: auch wenn es kein Hochwasser gibt, besteht bei vielen die Angst, dass trotzdem Wasser in die Keller läuft, die Fassade Risse aufzeigt. Der Grund: In dem naheliegenden Industriepark Heinsberg-Oberbruch hat Ende der 1990er Jahre der Chemiefaserhersteller Glanzstoff sein Werk geschlossen und auch die Pumpen abgeschaltet. Und nun steigt wieder das Grundwasser!
Risse in der Hauswand
Hans-Joachim Kalok steht auf einer Leiter. Die Fassade seines Hauses im Ortsteil Grebben weist tiefe Risse auf. Mittlerweile hat er so genannte Rissmonitore installiert. Sie messen, ob der Riss in der Hauswand breiter wird. Fast täglich macht er ein Foto. "Ich will damit dokumentieren, in wieweit sich das Haus weiter bewegt", erklärt der 64-Jährige. Ein Sachverständiger hat den bisherigen Schaden auf rund 100.000 Euro geschätzt. Dafür wird keine Versicherung aufkommen.
Das Haus sinkt immer weiter ab
Vor 20 Jahren hat Kalok das Haus gekauft, schon vier Jahre später entdeckte der ehemalige Bergmann die ersten Risse im Putz. Seine Frau – erzählt er – ist mittlerweile ausgezogen. Sie habe Angst gehabt, weiter in dem Haus zu wohnen. Auch seine Mieter habe er verloren. Steigt das Grundwasser, lässt der Untergrund nach, das Haus sinkt. Die Stadt Heinsberg kennt dieses Problem. Schuld daran ist der ehemalige Chemiefaserhersteller Glanzstoff, der im naheliegenden Industriepark einst produziert hat. Da das Unternehmen viel Wasser benötigte, wurden Pumpen gebaut und Brunnen. Diese sind mittlerweile abgestellt worden. Jetzt steigt das Grundwasser wieder auf sein natürliches Niveau.
Stadt sieht keine Lösung
In dem Risikogebiet gibt es rund 1.500 Haushalte. Wie viele von dem ansteigenden Grundwasser betroffen sind, das weiß derzeit niemand. Klar ist aber, keiner fühlt sich für den Schaden verantwortlich. Auch nicht die Stadt Heinsberg. Bürgermeister Kai Louis von der CDU erklärt, dass mindestens zehn neue Brunnen gebaut werden müssten. Das sei zu teuer. Auch der Rat schließt jegliche Hilfe für die Betroffenen aus.
Bürgerinitiative gegründet
Mittlerweile haben sich die Betroffenen zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen. Diese zählt schon 40 Mitglieder, täglich werden es mehr. Ihre größte Angst: Dass sie auf den enormen Reparaturkosten sitzen bleiben. Hans-Josef Heuter ist ebenfalls Mitglied der Initiative. Seit Jahren, so erzählt er, habe er auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Aber – nie sei etwas passiert. "Was hier jetzt wichtig ist, das ist die moralische Verpflichtung der Stadt für seine Bürger", sagt Heuter und wirft den zuständigen Behörden – angefangen bei der Bezirksregierung bis zur Stadt – Behördenversagen vor.
Stadt hat reagiert
Die Betroffenen fordern Gerechtigkeit, wollen finanzielle Hilfen. Aber – danach sieht es derzeit nicht aus. Die Stadt Heinsberg hat aber etwas gelernt: Sie weist in den neuen Bebauungsplänen auf das Grundwasserproblem hin.
Unsere Quellen:
- Reporter vor Ort