Das Bonner Landgericht hat den Haftbefehl gegen den 33-Jährigen am Mittwoch aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft fordert jetzt eine Verurteilung des Angeklagten wegen Unterschlagung – und nicht mehr wegen Mordes. Grund dafür sind Aussagen von Gerichtsmedizinern, nach denen die Nachbarin des Angeklagten sehr wahrscheinlich an einem Herzinfarkt gestorben war.
Todesursache Herzinfarkt, nicht Gewalteinwirkung
Eine Gewalteinwirkung habe man nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen können. Die Staatsanwaltschaft war bislang davon ausgegangen, dass die Frau mit einen weichen Gegenstand erstickt wurde. Die Seniorin war Mitte Februar tot in ihrer Erdgeschosswohnung gefunden worden. Sie lag rücklings auf ihrem Bett. Zunächst war auch der Notarzt von einem natürlichen Tod ausgegangen.
Angehörige schalteten Polizei ein
Dann aber stellten Angehörige mehrere Auffälligkeiten in der Wohnung fest: Die Wohnungstüre war abgeschlossen, der Schlüssel fehlte, die Handtasche der Seniorin war nicht an ihrem üblichen Platz, sondern in einem Wäschekorb unter einem Kissen. Im Portemonnaie fehlten 300 Euro und die EC-Karte. Auch goldene Ringe sowie eine Halskette fehlten.
Als die Familie außerdem entdeckte, dass nach dem festgestellten Todeszeitpunkt auch noch an verschiedenen Automaten in Sankt Augustin Zigarettenpackungen mit der EC-Karte der Frau gekauft worden waren, schaltete die Familie die Polizei ein.
Angeklagter hatte offenbar Geldsorgen
Schnell geriet der Angeklagte, ein einschlägig vorbestrafter Nachbar aus dem Haus, ins Visier der Ermittler. Ihn sollen kurz vor der Tat Geldsorgen geplagt haben. Er soll dringend eine Summe von 1.000 Euro gebraucht und vergeblich versucht haben, sich das Geld bei Freunden oder Bekannten zu leihen.
In seiner Vernehmung soll er der Polizei eine Geschichte aufgetischt haben, die nicht schlüssig war. Die Obduktion der Leiche konnte zwar von Anfang an auch einen natürlichen Tod nicht ausschließen – ebenso wenig aber auch eine Gewalttat. Da an der Bekleidung des Opfers DNA-Spuren des Verdächtigen gefunden wurden, klagte die Staatsanwaltschaft ihn wegen Mordes an.
Im Zweifel für den Angeklagten
Bis heute sagt die Staatsanwaltschaft, dass der 33-Jährige eine Tatgelegenheit und ein Motiv hatte. Aber nach den Aussagen der Rechtsmediziner sagt sie auch: im Zweifel für den Angeklagten. Man müsse davon ausgehen, dass die Frau schon tot war, als der Mann diesen Umstand schäbig ausgenutzt und EC-Karte, Bargeld und Schmuck der Frau an sich genommen habe.
Unter anderem für diese Unterschlagung fordert die Anklage nun ein Jahr und sechs Monate Haft ohne Bewährung - auch weil der Mann zum Teil einschlägig vorbestraft sei und eine schlechte Sozialprognose habe. Er würde spielen, trinken und Drogen nehmen. Der Mordvorwurf sei aber vom Tisch.
Urteil für Mitte Dezember 2024 erwartet
Strafverteidiger Martin Kretschmer hatte von vornherein nur von Indizien gegen seinen Mandanten gesprochen und versucht zu verhindern, dass das Verfahren vor dem Bonner Landgericht überhaupt eröffnet wird. Der 33-jährige Angeklagte hatte die Vorwürfe gegen ihn immer bestritten. Kretschmer forderte acht Monate ohne Bewährung.
Am 16. Dezember 2024 will die 4. Große Strafkammer ihr Urteil sprechen.
Unsere Quellen:
- Staatsawaltschaft
- Strafverteidiger
- WDR-Reporter