Sterbenden fotografiert — Autofahrerin vor dem Amtsgericht

Stand: 13.11.2023, 17:27 Uhr

Knapp eineinhalb Jahre nach dem Unfalltod eines Motorradfahrers in Düsseldorf hat am Montag der Prozess gegen die mutmaßliche Verursacherin begonnen. Die Angeklagte soll den Sterbenden an der Unfallstelle noch fotografiert haben und dann zur Arbeit gefahren sein.

Zum Prozessauftakt vor dem Amtsgericht Düsseldorf ließ die ganz in schwarz gekleidete Angeklagte über ihren Verteidiger erklären, dass sie den Vorfall und seine Folgen bedaure. Sie fühle sich aber nicht dafür verantwortlich, so der Verteidiger. Sie sei damals nicht mit dem Motorrad zusammengestoßen. Deshalb "hat sie den Unfall gar nicht mit sich selbst in Verbindung gebracht", so der Verteidiger.

Vorwürfe: fahrlässige Tötung und Unfallflucht

Der 41-Jährigen aus Köln werden fahrlässige Tötung, Verkehrsgefährdung, Unfallflucht sowie Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen vorgeworfen. Sie soll für den Tod des Motorradfahrers Wolfgang S. verantwortlich sein.

Der 60-Jährige war am frühen Morgen des 14. Juli 2022 noch am Unfallort an seinen Verletzungen gestorben. Eine Augenzeugin und zwei Ersthelfer bestätigten heute im Prozess den Vorwurf, sie habe damals den Sterbenden an der Unfallstelle noch fotografiert und sei dann zur Arbeit gefahren.

Verbotswidrig gewendet

Nach Überzeugung des Staatsanwalts hat die 41-Jährige den Unfall verschuldet, weil sie an dem Morgen um kurz vor sechs Uhr ihren SUV verbotenerweise auf der bekannten Verkehrsachse "Auf´m Hennekamp" im Düsseldorfer Stadtteil Bilk verbotswidrig gewendet hatte. "Dass ich da falsch abbiege, habe ich zu spät gemerkt", sagte die Angeklagte. "Ich kannte die Straße nicht." Sie sei erst am Vortag in ihre dortige Wohnung eingezogen und habe an dem Morgen zur Arbeit bei einem Discounter fahren wollen.

Motorrad geriet ins Schleudern

Wolfgang S. kam ihr auf seinem Motorrad entgegen. Der 60-Jährige versuchte auszuweichen, bremste, geriet auf trockener Fahrbahn ins Schleudern, prallte gegen die Umzäunung eines Baumes und wurde tödlich verletzt.

Noch am Unfallort hatte die Angeklagte den Sterbenden mit ihrem Mobiltelefon fotografiert und das Foto umgehend an ihren Chef geschickt. "Damit er mir glaubt, dass es später wird, weil es einen Unfall gab", erklärte die 41-Jährige.

Unfallanalytiker soll Fall untersuchen

Ein Unfallanalytiker soll in dem Prozess unter anderem auch klären, wie schnell der verunglückte Motorradfahrer war und warum er an dem warmen Julimorgen auf trockener Fahrbahn beim Bremsen ins Schleudern kam.

Die Witwe des Opfers tritt im Prozess als Nebenklägerin auf. Bisher sind bis zum 23. November zwei Verhandlungstage angesetzt. Bei einer Verurteilung muss die Angeklagte auch mit einer Haftstrafe rechnen.