Rheinwasser für Tagebaulöcher? Protest in Dormagen wächst
Stand: 04.04.2023, 17:49 Uhr
In sieben Jahren ist endgültig Schluss mit dem Braunkohletagebau in Garzweiler und Hambach. Die Erdlöcher sollen dann mit Wasser aus dem Rhein gefüllt werden. Der Protest dagegen wächst - zum Beispiel in Dormagen.
Die Pläne für das Auffüllen der Tagebaulöcher mit Rheinwasser wurden bereits in den 1990er geschmiedet. Aus den Löchern sollen riesige Seen entstehen - ähnlich dem Phoenixsee in Dortmund. Diese Seen könnten wiederum zu Freizeitflächen mit Wassersport werden. Oder wie RWE Power formuliert: "Zukünftig sollen die Tagebauseen auch der Bevölkerung zugänglich gemacht werden."
Rheinwasser soll ab 2030 fließen
Diese eigentlich reizvolle Vorstellung sorgt bei Anwohnern allerdings für immer größer werdenden Protest. Denn das Abpumpen von Wasser aus dem Rhein bei Dormagen sei in Zeiten des Klimawandels nicht mehr zeitgemäß, heißt es. Der Fluss kämpfe Jahr für Jahr mit Niedrigwasser, so das Argument von Anwohnern und auch Umweltschützern. Nicht zu vergessen die Binnenschifffahrt, der schon jetzt die niedrigen Pegelstände des Rheins Sorgen machen.
In Dormagen wächst der Protest gegen Umleitung von Rheinwasser in Tagebauseen
04:20 Min.. Verfügbar bis 30.03.2025.
Mit dem Bau der kilometerlangen Wassertransportleitung vom Rhein bei Dormagen-Rheinfeld bis nach Grevenbroich-Frimmersdorf soll schon bald begonnen werden, wenn es nach den vorliegenden Plänen von RWE geht. Die Trasse soll so breit wie eine Autobahn sein - unterirdisch mit drei Betonröhren, die gen Tagebau führen. Ab 2030 soll das Rheinwasser fließen.
Anwohner fürchten um ihre Existenz
Bernhard Nauen vermietet auf seinem Hof in Dormagen-Rheinfeld Pferdeboxen. 20 Hektar seiner Pferdewiesen sollen der Leitung zum Opfer fallen. Etwa fünf Jahre soll auf der Hälfte seiner Wiesen gebaggert werden.
Für Nauen ist das existenzgefährdend: "Keiner kann mir sagen, ob ich die restlichen 50 Prozent der Weiden weiter so nutzen kann." Es sei nicht geklärt, wo die Baufahrzeuge langfahren sollen oder ob die Pferde überhaupt mit dem Baulärm klarkommen.
Naturschützer sorgen sich um Verunreinigungen
Umweltschützer sehen auch ein Problem in dem Rheinwasser an sich. Das sei durch die vielen Chemiebetriebe verunreinigt und würde dann auch so im Braunkohlerevier landen.
Das habe einerseits direkte Auswirkungen auf die Lebewesen im Wasser, aber auch für das Ökosystem an sich: "Das Wasser strömt von den Tagebauen in die Grundwasserleiter", erklärt Hendrik Suthor vom NABU. Aber auch Feuchtbiotope oder andere Flüsse wie die Niers könnten unter dem Wasser leiden.
Auch Bürgermeister hat noch ganz viele Fragen
Die Pläne für die gigantische Wassertransportleitung lagen bis vergangene Woche öffentlich aus, wie es das Gesetz verlangt. Dennoch fühlen sich viele nicht gut informiert. Zweifel hat auch der Bürgermeister von Dormagen, Erik Lierenfeld (SPD). "Ich glaube tatsächlich, dass durch die Veränderungen der letzten 30 Jahre viele neue Fragen aufgetaucht sind. Ob die damals im Verfahren schon abgeprüft worden sind, wage ich zu bezweifeln. Das gilt es im jetzigen Verfahren nochmal anzuschauen: Ist das alles richtig? Da habe ich auch noch viele Fragezeichen."
2024 wird über die Wassertransportleitung entschieden
Zu einer Infoveranstaltung der Bezirksregierung Düsseldorf und des Tagebaubetreibers RWE am Mittwochabend in Dormagen kamen rund 400 Menschen, um Infos zu erhalten und ihre Meinung zu sagen. Ihre Einwände werden jetzt gebündelt und bewertet. Im kommenden Jahr soll dann über die Wassertransportleitung entschieden werden. 2060 sollen die Tagebauseen eigentlich fertig sein, so die bisherigen Pläne.