"Wie eine Zeitmaschine": Riesen-Teleskop auf dem Weg von Wesel nach Chile Lokalzeit Ruhr 17.01.2025 03:15 Min. Verfügbar bis 17.01.2027 WDR Von Jessika Westen

"Wie eine Zeitmaschine": Riesen-Teleskop auf dem Weg von Wesel nach Chile

Stand: 17.01.2025, 13:45 Uhr

In Duisburg gebaut, in Xanten getestet. Jetzt ist das Riesen-Teleskop auf dem Weg in die chilenische Wüste.

Von Julian Schildheuer

Klaus Willmeroth steht an diesem frühen Freitagmorgen am Wesel-Datteln-Kanal. Wenige hundert Meter vor der Mündung in den Rhein. Eine Nebelwand verdeckt seinen Blick, aber er erkennt gerade noch, dass ein blau-weißes Güterschiff am Rhein-Lippe-Hafen in Wesel angelegt.

Beim Verladen ist Präzision gefragt. Die sensiblen Teleskop-Teile dürfen nicht beschädigt werden. | Bildquelle: WDR/Julian Schildheuer

Dieses Schiff soll jetzt sein Herzensprojekt transportieren: Das Fred Young Submillimeter Teleskop. Es ist 250 Tonnen schwer, 15 Meter hoch, 23 Meter lang und sieben Meter breit. Acht Jahre hat Willmeroth als Projektleiter mit seinem Team das "Spielzeug für Wissenschaftler", wie er es nennt, entwickelt, gebaut, getestet und Probleme behoben.

Teleskop 200.000 Stunden Arbeit

Das Teleskop ist bei der Firma Vertex in Duisburg geplant und mithilfe eines Konsortiums (CCAT Observatory) gebaut worden. In Xanten wurde es zuerst montiert, um es zu testen. Jetzt stehen die Einzelteile in riesigen Holzkisten verpackt am Hafen in Wesel.

"Eigentlich bin ich schon in Rente. Aber ich möchte dieses Projekt unbedingt selbst beenden. Es sind fast 200.000 Stunden Arbeit hierein geflossen." Klaus Willmeroth, Projektleiter
Das Riesen-Teleskop zusammengebaut. | Bildquelle: WDR/Jessika Westen

Von Wesel über Antwerpen wird das Teleskop jetzt in die chilenische Atacama-Wüste gebracht, auf den Berg Cerro Chajnantor. Auf 5.600 Metern Höhe soll es dort erneut zusammengebaut und ab 2026 von Astronomen genutzt werden können.

Teleskop ist wie eine "Zeitmaschine"

Einer der Astronomen ist Ronan Higgins. Er bezeichnet das Fred Young Submillimeter Teleskop als "Zeitmaschine". Denn: "Selbst die erste Galaxie, die nach dem Urknall entstanden ist, stößt Strahlungen aus. Diese Strahlungen untersuchen wir mit dem Teleskop."

Durch deren Unterschiede könnten sie herausfinden, wie sich die Galaxien entwickelt haben. "Von der ersten bis zu unserer Milchstraße."

Weil die Strahlungen Lichtjahre an Entfernung zurückgelegt haben, sei es wie ein Blick in die Vergangenheit. Um sie zu untersuchen, brauche es spezielle Bedingungen.

Die sechs Einzelteile des Teleskops werden mit einem speziellen Kran auf das Schiff gehoben. | Bildquelle: WDR/Julian Schildheuer

In der chilenischen Wüste sei die Atmosphäre weniger dicht, was den Strahlungseinfall begünstige. Das Fred Young Submillimeter Teleskop habe außerdem eine spezielle Technik, erklärt Higgins: "Normale Teleskope haben einen großen und einen kleinen Spiegel. Wir arbeiten mit zwei großen Spiegeln. Das erlaubt uns mehr zu sehen, wie bei einem Weitwinkelobjektiv an einer Kamera."

Erleichterung beim Ingenieur-Team

Die chilenische Wüste ist nicht nur aufgrund der Höhe der perfekte Standpunkt für das Teleskop. Im Gegensatz zum Himalaya-Gebirge, das noch höher liegt und noch mehr Strahlungseinfall möglich machen würde, kann das Teleskop in Chile besser mit LKW zur richtigen Stelle gebracht werden.

Von dort schauen die Astronomen in ferne Galxien. Am Rhein-Lippe-Hafen in Wesel geht es los.

Die ersten beiden der sechs übergroßen Holzkisten sind verladen. Das Schiff setzt etwas zurück, um die Arbeit des Spezialkrans am Schwerlast-Terminal zu erleichtern.

Der nächste LKW rückt an. Hinten hat er die größte Box gelagert. 55 Tonnen wiegt dieses Einzelteil. "Wenn alles auf dem Schiff ist und es hier aus dem Hafen fährt, fällt die Anspannung der letzten Jahre ab", lacht ein mittlerweile sichtlich entspannterer Klaus Willmeroth.

Im mehr als 11.500 Kilometer Luftlinie entfernten Chile muss das Teleskop dann ein letztes Mal vor dem Einsatz zusammengebaut werden. Bis es dort ankommt, tritt es jetzt seine rund sechswöchige Reise über den Atlantischen Ozean und den Südpazifik an.

"Wie eine Zeitmaschine": Riesen-Teleskop auf dem Weg von Wesel nach Chile WDR Studios NRW 17.01.2025 00:40 Min. Verfügbar bis 17.01.2027 WDR Online

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • Universität Köln
  • Vertex Antennentechnik GmbH Duisburg