Dortmunder Stadtenergie mit Millionenverluste

Lokalzeit aus Dortmund 02.07.2024 01:46 Min. Verfügbar bis 02.07.2026 WDR Von Kay Bandermann

Dortmunder Stromanbieter: Betrogene Kunden bekommen Geld zurück

Stand: 04.07.2024, 11:05 Uhr

Ein Millionen-Skandal erschüttert den Dortmunder Stadtwerke-Konzern. Die Billigstrom-Tochter "stadtenergie" soll ihren Kunden in wenigen Jahren 36 Millionen Euro vorenthalten haben und muss jetzt zahlen.

Von Kay Bandermann

Mindestens 74 Millionen Euro Schaden soll die Billigstrom-Tochter "stadtenergie" in wenigen Jahren verursacht haben, davon allein 36 Millionen, die den 30.000 bundesweiten Kunden des Online-Anbieters vorenthalten wurden. Montagabend hat der Aufsichtsrat entschieden, dass "stadtenergie" das Geld an die Kunden zurückzahlen muss.

Grünen-Fraktionssprecherin: "Großer Vertrauensverlust"

Ratspolitiker von Bündnis-Grünen und CDU begrüßen die Trennung von Stadtwerke-Chefin Heike Heim. Es sei ein großer Vertrauensverlust entstanden durch die skandalösen Vorgänge bei der DEW-Tochter "stadtenergie", meint Grünen-Fraktionssprecherin Katrin Lögering. Viele Kunden würden zudem wegen der vergleichsweise hohen Gaspreise bei der DEW kündigen. Durch diese Einbußen sehen die Politiker wichtige Zukunftsinvestitionen gefährdet.

Die Stadtwerke wiegeln ab. Zwar müsse man das Tempo bei der Umsetzung einiger Maßnahmen ein wenig drosseln, aber es sei immer noch genügend Geld für Bus und Bahn oder den Ausbau der Infrastruktur da.

Vorwürfe seit zwei Jahren

Seit gut zwei Jahren beschweren sich in Kundinnen und Kunden der "stadtenergie" regelmäßig in einschlägigen Verbraucherforen. Von "Betrug" ist da die Rede, von "Abzocke" und nicht nachvollziehbaren Abrechnungen und Zahlungsplänen. Mittlerweile ist klar, warum.

Wochenlange Recherchen der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) förderten zutage: Die Verbrauchsdaten der Strom- und Gaskunden wurden so gefälscht, dass diese meistens hohe Nachzahlungen leisten mussten. Der Bericht spricht von Manipulationen und Rechtsverstößen.

Kunden betrogen: Gefälschte Daten und zu hohe Rechnungen

"stadtenergie" gilt als Lieblingskind von Stadtwerke-Chefin Heike Heim. Sie war zuvor Vorstandsvorsitzende der Versorgungs-Tochter DEW21 und hatte in dieser Zeit das neue Geschäftsfeld eröffnet.

Als „digitales Schnellboot“ sollte "stadtenergie" bundesweit neue Kunden gewinnen. Doch die Firma hatte hohe Anlaufverluste. Allein in den ersten drei Geschäftsjahren waren es über 22 Millionen Euro. Weil diese anders nicht auszugleichen waren, versuchte "stadtenergie", sich das Geld von den Kunden durch überhöhte Abschlagszahlungen reinzuholen.

Dortmunder Stromanbieter: Betrogene Kunden bekommen Geld zurück

WDR Studios NRW 02.07.2024 00:49 Min. Verfügbar bis 02.07.2026 WDR Online


Vollständige Aufklärung und Erstattung für Kunden

Die verantwortlichen Manager der "stadtenergie" wurden inzwischen gefeuert und haben das Unternehmen verlassen. Neue Kunden werden nicht mehr angenommen, den bisherigen wird eine lückenlose Untersuchung und vollständige Erstattung versprochen.

Gleichzeitig ist die Staatanwaltschaft Dortmund eingeschaltet. Ein Sprecher teilte dem WDR mit, man kooperiere mit den Prüfern der DEW21 und werde die firmeninternen Untersuchungen abwarten.

Stadtwerke-Chefin muss gehen

Die Vorstandsvorsitzende der Dortmunder Stadtwerke DSW21, Heike Heim, muss das Unternehmen verlassen. Der Aufsichtsrat beauftragte am Dienstagabend den Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) in einer Sondersitzung, mit der Managerin einen Aufhebungsvertrag auszuhandeln.

Heim war erst vor anderthalb Jahren vom kommunalen Versorger DEW21 an die Spitze des Gesamtkonzerns DSW21 gewechselt. Oberbürgermeister Thomas Westphal wollte Heim auf diesem Posten und setzte sie trotz einiger Gegenstimmen im Aufsichtsrat durch.

Erdgas zu teuer eingekauft?

Bei ihren Recherchen deckten die Prüfer noch weitere Ungereimtheiten auf. Offenbar hat die DEW21 unter Heim in der Hochpreisphase des Erdgases 2022 langfristige Verträge mit Lieferanten abgeschlossen, obwohl Experten damals davor warnten und zu kurzfristigen Kontrakten rieten. Das ist einer der Gründe, warum die DEW21-Gaskunden derzeit im Bundesvergleich relative hohe Preise zahlen. 

Unsere Quellen

  • DEW21
  • Staatsanwaltschaft Dortmund
  • Fraktion Grüne Dortmund
  • Fraktion CDU Dortmund