"Ich habe noch fünf Minuten Zeit und dann lasse ich es laufen. Zur Not hier auf dem Boden", warnte Cecilia van Veen den Schaffner. Der Mann konnte ihr nicht helfen. Alle Toiletten des Zugs waren geschlossen, weil sie verdreckt oder kaputt waren. Und so setzte sie sich in der 1. Klasse unter einen Tisch und hinterließ eine Pfütze. Sie bekam von der Bahn ein Knöllchen und sollte 60 Euro für die "Verunreinigung" zahlen.
Alle Toiletten im Regionalzug defekt
"Wenn die Züge immer wieder mit dreckigen Toiletten fahren, warum haben die keine Notlösung für solche Fälle?", fragt sich die gebürtige Niederländerin. Die 78-Jährige wäre nach eigener Aussage schon mit einer Plastiktüte zufrieden gewesen. Der Vorfall hatte bereits am 16. Juli stattgefunden. Ein Zugbegleiter habe ihr geraten, auszusteigen und im nächsten Zug weiter zu fahren. Das war für sie wegen ihrer dementen und fußkranken Begleitung aber keine Option, erzählte sie.
Bahnkunden zeigen meist Verständnis
Bei einer Umfrage am Hauptbahnhof in Mülheim sind viele Bahnkunden verständnisvoll. "Es ist eh peinlich, das machen zu müssen, sollen sie froh sein, dass sie nicht auf den Sitz gemacht hat", sagt Jennifer Mehrens. Marc Sonntag findet es sogar "skandalös, es ist entwürdigend für die Frau."
Dann noch eine Strafe zu bekommen, sei eine Unverschämtheit. "Aber der Schaffner kann ja nichts dafür, es ist ein strukturelles Problem", sagt er. Die meisten haben auch die Erfahrungen, dass Toiletten verschlossen sind oder verschmutzt.
Kein Recht auf eine Toilette
"Die Situation, dass alle Toiletten defekt waren, ist sehr ärgerlich, aber ein Recht auf eine Toilette gibt es nicht", sagt Rechtsanwalt Volker Schröder aus Essen. Ausnahme seien bei der Bahn Fernzüge, da müssten Toiletten vorhanden sein und funktionieren. Bei allem Verständnis für den Druck, aber die Frau hätte aussteigen und dann mit dem nächsten Regionalzug weiterfahren müssen, so Schröder.
Bahn entschuldigt sich
Die Bahn hat mittlerweile dennoch eingelenkt und das Knöllchen zurückgenommen. Man entschuldige sich "ausdrücklich bei der Kundin für die missliche Situation, in die sie geraten ist," heißt es auf Anfrage des WDR. Eine "Diensttoilette oder sonstige Alternativen" gebe es im Zug nicht.
Unsere Quellen:
- Cecilia van Veen
- Deutsche Bahn
- Gespräche mit Fahrgästen