Röhren für den Artenschutz: Hirschruf-Meisterschaften in Dortmund
Lokalzeit Ruhr. 31.01.2025. 01:40 Min.. Verfügbar bis 31.01.2027. WDR. Von Matthias Wagner.
Röhren für den Artenschutz: Hirschruf-Meisterschaften in Dortmund
Stand: 31.01.2025, 18:29 Uhr
In Dortmund wurden wieder die Meisterschaften im Hirschrufen ausgetragen. Die Teilnehmenden nehmen ihr Hobby dabei sehr ernst.
Von Katja Leistenschneider
Das rechte Bein nach vorne, Oberkörper zurück – und dann wird geröhrt. In etwas, das aussieht wie ein hölzernes Fernrohr. Doch es gehört nicht ans Auge, sondern an den Mund. Und es klingt eben wie ein Hirsch. Die Hirschruf-Meisterschaft ist wieder eines der jährlichen Highlights auf der Dortmunder Messe "Jagd & Hund".
Röhren wie ein Hirsch
Jerome Böhm aus Niedersachsen steht auf der Bühne. Er muss ins Stechen gegen Gösta Rehse aus Mecklenburg-Vorpommern. Die Aufgabe: Das Röhren nach einem gewonnenen Kampf. Jerome röhrt. Und das darf nicht menschlich-triumphierend klingen, sondern so wie bei Meister Hirsch. Mal keckernd, mal angestrengt, mal ein langgezogenes, tief-rollendes Stöhnen.
"3-3-4-4-3" lautet die Wertung der Kampfrichter. Die "1" ist die schwächste Wertung, besser als eine "6" geht es nicht. Jeromes Wertung ist zwar gut – aber eben nicht so gut, dass es für einen eindeutigen Sieg reichen würde. Denn sein Konkurrent röhrt auch solide: "3-3-3-4-4", lautet das Urteil der Jury. Ein zweites Stechen wird nötig, was eher selten vorkommt. Aufgabe jetzt: Kontaktlaut eines alten Kahlwildes, einem weiblichen Hirsch.
Der Laut klingt ganz anders als alles, was in der letzten Stunde von der Bühne kam: Kein lautes Stöhnen, kein Röhren, eher ein hohes Keckern. Die Jury urteilt: "4-4-4-4-5". Damit ist klar: Jerome hat seinen dritten Platz aus dem Vorjahr verteidigt.
Komische Blicke im Straßenverkehr
Für die Meisterschaft in Dortmund übt der 24-Jährige das ganze Jahr über. In jeder Situation, auch beim Autofahren. "Da gucken die Leute auch manchmal komisch", sagt er. Kann man sich vorstellen. Zuhause haben sich die Nachbarn aber schon daran gewöhnt.
Am Anfang kamen ein paar Nachfragen, aber mittlerweile wissen sie Bescheid. Jerome macht den Hirsch. Meistens aber natürlich in seinem Revier, denn Jerome ist seit drei Jahren Jäger.
Die Reaktionen auf sein ungewöhnliches Hobby gehen von "Was ist los mit dir?" bis zu "Mach mal vor!", erzählt er. Die Meisterschaft im Hirschrufen zu erlangen ist gar nicht so einfach. Die Töne kommen tief aus dem Hals. "Es ist schmerzhaft am Anfang, aber irgendwann kommt man drüber hinweg und dann klappt das." Wobei der Arzt schon mal denke, Jerome hätte eine Mandelentzündung, wenn er viel geübt hat.
Hirschrufer nehmen die Sache ernst
Wer das erste Mal bei so einem Hirschrufer-Wettbewerb ist, kommt ums Grinsen nicht herum. Aber schnell ist auch klar: Die Teilnehmenden nehmen das Hirschrufen ernst. Mit ihren Lauten versuchen sie im Jagd-Alltag mit den Hirschen in Kontakt zu treten, sie zu provozieren, damit diese sich zeigen.
Und das eben nicht immer, damit der Jäger zum Abschuss kommt. Sondern auch, damit er sehen kann, wie es um den Bestand steht. Denn das Rotwild hat es schwer. Es darf oft nur in bestimmten Revieren leben, sonst kommt es zur Inzucht – und das bedroht dann die ganze Art.
Auch dagegen rufen die Hirschrufer in Dortmund an. Demnächst sogar bei der Europameisterschaft in Litauen, für die sich Jerome Böhm mit seinem dritten Platz nun offiziell qualifiziert hat.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporterin vor Ort
- Teilnehmer der Meisterschaft