Letzter Tag bei Karstadt in Essen

Leere Regale, Tische und Glasvitrinen, so weit das Auge reicht. Einige Abteilungen sind mit Flatterband abgesperrt. Darüber bunte Schilder mit Aufschriften wie "Alles muss raus" oder "Wir schließen". Die Rolltreppen stehen still.

Udo Ehlscheidt aus Mettmann lehnt über der Brüstung und schaut nachdenklich ins Kellergeschoss hinunter, wo ebenfalls verlassenes Mobiliar steht. Der 67-Jährige schätzte das kompetente Personal und die familiäre Atmosphäre:

"Ob ich jetzt Kleidung oder Schmuck wollte – über die meisten Sachen konnte ich mich hier informieren. Man kam auch mit Mitarbeitern oder anderen Kunden ins Gespräch. Das gibt es aber kaum noch. Diese Warenhäuser sterben langsam aus. Leider!"

Es ist der letzte Tag, an dem die Karstadt-Filiale am Limbecker Platz in Essen geöffnet hat. Danach wird sie, wie neun weitere Standorte bundesweit, einer neuen Schließungswelle zum Opfer fallen – ausgelöst durch die bereits dritte Insolvenz des Galeria-Konzerns.

Schließungsnachricht kam plötzlich

Filialleiter Jens Lehnecke wirkt bei all dem ungewöhnlichen Geschehen gelassen. Erst im April 2024 ist er aus Berlin-Charlottenburg an den Limbecker Platz gewechselt, wollte eigentlich mithelfen, die Filiale nach vorne zu bringen und für die Zukunft zu sichern. Aber drei Wochen nach seinem Dienstantritt kam die Schließungsnachricht. Lehnecke beschreibt es als ein Wechselbad der Gefühle:

"Auf der einen Seite ist es natürlich ein Projekt, das wir jetzt bald zu Ende bringen. Und da fällt natürlich auch ein Stück weit eine Last von einem ab. Auf der anderen Seite ist es aber auch traurig den Mitarbeitern gegenüber." Filialleiter Jens Lehnecke

Manche von ihnen sind seit Jahrzehnten im Unternehmen tätig. Jens Lehnecke nennt ein Beispiel: "Wir hatten Anfang August noch einen Jubilar, der 50 Jahre hier im Unternehmen war. Da muss man dann auch viel sprechen. Weil die haben ein Leben lang fast nichts anderes gemacht als hier zu arbeiten. Die haben quasi ihre Familie hier auch gefunden mit den Kollegen. Und darum wollen wir das dann auch vernünftig zu Ende bringen."

Kundschaft schwelgt in Erinnerungen

Lediglich im Erdgeschoss gibt es am Limbecker Platz noch einige Restbestände zu kaufen – darunter Kleidung, Sportartikel, Leder- oder Haushaltswaren. Die Schlange an der Kasse ist lang, die verbliebenen der ursprünglich 104 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich wie an jedem anderen Tag um die Kundschaft. Geduldig wartet Kundin Katja Schoeps (43) aus Bottrop und schwelgt in Erinnerungen:

"Ich habe noch meine Hochzeitsunterwäsche hier gekauft und Schuhe. Ich kenne auch noch das alte Karstadt-Gebäude, mit beweglicher Fensterdeko zur Weihnachtszeit. Echt schade, dass es das alles nicht mehr gibt." Kundin Katja Schoeps

Belegschaft wird größtenteils im Unternehmen bleiben

Wehmut schwingt natürlich auch bei Jens Lehnecke bei dem Gedanken mit, dass er heute zum letzten Mal den Schlüssel umdrehen wird. Was ihn allerdings freut: Die Zukunft der Belegschaft ist keinesfalls komplett ungewiss. Und einfach so nach Hause gehen wird heute auch niemand:

"Die Mitarbeiter werden größtenteils in andere Filialen versetzt. Wir werden dann natürlich irgendwann den Laden abschließen. Danach gibt es für die Mitarbeiter noch einen Umtrunk, da haben wir uns was einfallen lassen."

Auch Lehnecke selbst verbleibt im Unternehmen. Nach der – ungeplant – kurzen Zeit im Ruhrgebiet zieht es ihn zu einer Filiale nach Süddeutschland.

Der Leerstand am Limbecker Platz allerdings ist immens. Nach Angaben des Center-Managements wäre dort Platz für drei bis vier neue Mieter. Aber einen so großen und geschichtsträchtigen wie Karstadt wird es wohl nie wieder geben.

Unsere Quellen:

Darüber berichtet die Lokalzeit Ruhr auch im WDR-Fernsehen um 19.30Uhr.