Vor der Aufsichtsratsitzung bei ThyssenKrupp am Donnerstag haben die Stahlarbeiter ihrem Ärger mit einem Protest Luft gemacht. Einige hatten am Morgen zeitweise die Zufahrten zur Zentrale blockiert. Sie wollten so verhindern, dass die Manager hineinkommen, aber auch auf ihre Situation aufmerksam machen.
Beschäftigte, die am Morgen in die Zentrale wollten, waren zum Teil genervt, an manchen Stellen gab es auch Wortgefechte. Die meisten zeigten aber Verständnis für die Aktion.
Hauptthema ist die geplante Verselbstständigung der Stahlsparte. Dort sind 27.000 der rund 100.000 ThyssenKrupp-Mitarbeiter beschäftigt, die meisten davon an Standorten im Ruhrgebiet. Viele Beschäftigte sorgen sich wegen der Pläne um ihre Jobs.
Enorme Zukunftsängste
Die Wut richtet sich dabei besonders auf ThyssenKrupp-Chef Miguel Lopez. "Herr Lopez tritt alles mit Füßen", so Sargul Orhan, der am Standort Duisburg-Hamborn als Ausbilder arbeitet und dort auch Betriebsrat ist. "Die Stimmung ist bei uns total im Keller. Viele machen sich Sorgen, die haben Kinder, die haben gebaut und wissen nicht wie es weitergeht."
Von solchen Sorgen berichtet auch Yusuf Bülbül. Er arbeitet in Hamborn als Elektriker und ist dort Jugendvertreter: "Vor anderthalb Wochen haben die neuen Azubis bei uns angefangen und als erstes haben sie mich gefragt, was das ganze hier soll, ob sie ihre Ausbildung noch zuende machen können."
Laute "Lopez raus"-Rufe
Kurz vor Beginn der Aufsichtsratssitzung sammelten sich die rund fünfzig Demonstrierenden auf dem Platz vor der Konzernzentrale unter lautem Sirenengeheul und "Lopez raus"-Rufen. Auch die Vertreter der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat kamen dazu und richteten einige Worte an die Protestierenden.
"Ihr habt schon viel erlebt", sagte Vize-IG-Metall-Chef Jürgen Kerner, der auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei ThyssenKrupp ist. "Aber das, was wir alle die letzten Wochen und Monate hier im Konzern erlebt haben, ist menschlich der absolute Tiefpunkt." Tosender Applaus.
Kerner versprach, dies in der Sitzung deutlich zu machen. Auch er zeigte sich besonders kritisch gegenüber Miguel Lopez, warf ihm vor, den Konzern heruntergewirtschaftet zu haben.
Verkauf der Stahlsparte umstritten
Der ThyssenKrupp-Chef will die Sparte zur Hälfte an einen Investor verkaufen und vorher deutlich verkleinern. Betriebsräte und Gewerkschafter fürchten, dass dabei Tausende Arbeitsplätze wegfallen könnten – etwa im Hauptwerk in Duisburg. Sie werfen Lopez vor, besonders kompromisslos vorzugehen.
Kern des Streits ist die Frage, wie viel Geld der Mutterkonzern ThyssenKrupp seiner Tochter auf dem Weg in die Selbstständigkeit mitgibt, damit diese etwa Investitionen oder Pensionen künftig selbst zahlen kann. Vertreter der Arbeitnehmer fürchten, Lopez wolle seine Tochter möglichst günstig loswerden.
Vor zwei Wochen war auch Sigmar Gabriel als Vorsitzender des Aufsichtsrates zurückgetreten.
Unsere Quellen:
- WDR Reporter vor Ort
- IG Metall