Ein gelber DHL-Transporter fährt die Ottostraße in Duisburg-Hochheide entlang. Vor dem letzten Haus in der Siedlung biegt er links ab und fährt schnell über Kreuzung. Schon ist er weg. Das ist an diesem Tag keine Ausnahme oder ein Versehen. Seit Ende April werden keine Pakete mehr zum "Weißen Riesen" am Ende der Ottostraße geliefert.
In dem Gebäude gibt es 320 Wohnungen. Leere Plastikflaschen und Milchtüten liegen schon einige Meter vor dem Eingang. Chips bröckeln aus einer Dose auf den Gehweg. Es stinkt. Die Kulisse des 20 Stockwerke hohen Hochhauses, die vielen Tauben, die sich über Essensreste hermachen und die Menschen vor dem Haus, die Spaziergänger misstrauisch anschauen, lösen ein beklemmendes Gefühl aus.
Polizei liegen Anzeigen vor
"Wirklich sicher fühle ich mich hier auch nicht. Bei meinen Nachbarn wurde vier Mal eingebrochen", erzählt Katrin Hausmann. Sie wohnt seit sieben Jahren hier. Seit Ende April bekommt sie keine Pakete mehr von der Deutschen Post. Genauso wie die anderen Bewohner im "Weißen Riesen". Die WAZ hatte zuerst über die Situation berichtet.
Ihre Mitarbeiter sehen sich bedrohlichen Zustellverhältnissen ausgesetzt, schreibt die Post. "Ich kann das verstehen. Die Menschen warten hier in Gruppen auf die Paketzusteller", sagt Bewohnerin Katrin Hausmann. Ihre Vermutung: "Die wollen die Pakete klauen. Seitdem hier nichts mehr hingeliefert wird, fahre ich auch nur morgens zur Postfiliale, um meine Pakete zu holen. Dann sind diese Leute noch nicht wach."
Die Postfiliale ist eine halbe Stunde zu Fuß entfernt. Katrin Hausmann fährt lieber Bus. Sie ist Diabetikerin und auf medizinisches Zubehör per Paket angewiesen. Der Polizei Duisburg liegen drei Anzeigen aus den vergangenen Monaten von Paketzustellern vor. Es geht um Diebstahl.
Menschen fühlen sich allein gelassen
Die Post spricht von "Fürsorgepflicht" und bemängelt auch fehlende Beschriftungen von Briefkästen und Klingeln im Haus. "Hier leben Menschen unter falschem Namen. Jeden Tag werden hier hunderte Briefe weggeschmissen", beschwert sich ein Mann, der seinen Namen nicht sagen will, das Haus durch seinen Berufes aber kennt. "Die Stadt kennt das Problem. Es wird aber nichts dagegen getan."
Tatsächlich sei für Sicherheitsfragen die Polizei verantwortlich, schreibt die Stadt Duisburg auf Anfrage. Das Ordnungsamt sei aber regelmäßig in Hochheide, um wilde Müllkippen zu verhindern. In diesem Jahr habe es bereits 19 Einsätze deswegen gegeben. Herumliegende Einkaufswagen, Glasscherben und Essensreste gehören aber weiterhin zum Bild des "Weißen Riesen". Das alles verstärkt das beklemmende Gefühl.
Briefe werden weiterhin ausgestellt
Dann fährt plötzlich doch Zusteller der Deutschen Post vorbei. Am "Weißen Riesen" macht er Halt, steigt vom Sattel, holt einen Stapel Briefe heraus und verschwindet im Hauseingang. Laut Post kommen Briefe weiterhin bei den Menschen an. "Zumindest, wenn nicht wieder die Briefkästen aufgebrochen oder Namensschilder abgerissen werden", ergänzt Katrin Hausmann.
Der Briefträger kommt wieder heraus. Auf die Frage, ob er sich hier unwohl fühle, zuckt er nur mit den Schultern: "Ich mache meinen Job. Ich schmeiße die Briefe ein und das war es." Er bleibt locker, besteht aber darauf, dass sein Name nicht veröffentlicht wird. So schnell wie seine Kollegen im gelben DHL-Transporter ist auch er wieder verschwunden.
Im Moment sieht es nicht so aus, als würde sich an der Situation hier schnell etwas ändern. Die Pakete der Post sollen dann bis auf weiteres statt an das Hochhaus in die Postfiliale geliefert werden.
Unsere Quellen:
- WAZ
- WDR-Reporter vor Ort
- Stadt Duisburg