Mehrere zehntausend Menschen haben am Samstag gegen die AfD und Rechtsextremismus demonstriert. Die Polizei zählte bis zum Abend insgesamt 32 Aktionen und Demonstrationen rund um den AfD-Parteitag in der Essener Grugahalle. Beim größten Demonstrationszug schätzten die Organisatoren der Initiative "Gemeinsam Laut" 50.000 Teilnehmende.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst begrüßte die Proteste: "Die vielen Tausenden Demonstranten in Essen zeigen: In Nordrhein-Westfalen ist kein Platz für Hetze, Hass und Rechtsextremismus."
Überschattet wurden die überwiegend friedlichen Proteste von gewalttätige Aktionen. "Demonstranten haben sich teilweise vermummt und Einsatzkräfte angegriffen", berichtete die Polizei in Essen, es habe mehrere Festnahmen gegeben. 28 Polizisten wurden laut Polizei verletzt, einer davon schwer. Aktivisten hatten am Morgen versucht, die AfD-Delegierten an der Anreise zu hindern, unter anderem mit Straßenblockaden.
Einige Delegierte mussten deshalb unter massivem Polizeischutz zur Halle begleitet werden. Der schwerverletzte Beamte wurde dabei angegriffen. Er und eine Kollegin waren zu Boden gegangen, auch liegend seien die Beamten noch mit Tritten angegriffen worden, so die Polizei. Die Beamten kamen ins Krankenhaus. Die mutmaßlichen Täter konnten in der Menge untertauchen. Die Polizei wertet nun Videomaterial aus, um sie zu identifizieren.
Auf der Rüttenscheider Straße kam es zu Blockaden. Mehrere AfD-Abgeordnete warteten in einem Auto darauf, dass sie Richtung Grugahalle weiterfahren konnten, mit im Wagen: Jan Streeck aus Berlin. Für die Blockaden rund um den Bundesparteitag hat der AfD-Politiker kein Verständnis. "Das geht nicht. Das ist bezeichnend, dass eine demokratische Partei behindert wird."
In der Nähe der Grugahalle hinderten Demonstranten währenddessen AfD-Politiker am Verlassen einer Bäckerei. Kurze Zeit später wurden die Politiker unter Polizeischutz herausbegleitet.
Die Aktivisten von "Widersetzen", die im Vorfeld zum zivilen Ungehorsam aufgerufen hatten, zeigten sich zufrieden. Es habe verschiedene Blockaden gegeben, um den AfD-Delegierten den Zutritt zur Halle zu versperren. Auch einige Protestierende wurden verletzt, weil die Polizei Schlagstöcke und Pfefferspay einsetzte, um Situationen unter Kontrolle zu bekommen.
AfD-Delegierter bespuckt Jusos-Bundesvorsitzende
Ein AfD-Delegierter spuckte während einer Protestaktion einer Demonstrantin ins Gesicht. Die Beamten griffen nach dem Politiker und schubsten ihn rigoros zurück. Er bekommt nun eine Anzeige wegen Körperverletzung. Bei der Angespuckten handelte es sich um Patricia Seelig, die stellvertretende Bundesvorsitzende der Jusos. Sie war dankbar für das schnelle Eingreifen der Beamten. Ihrer Meinung nach griffen die Einsatzkräfte teilweise aber auch zu hart gegen Demonstranten durch.
Große Veranstaltung mit Infoständen, Reden und Musik
Am Vormittag hat sich vom Hauptbahnhof aus auch ein großer Demozug auf den Weg Richtung Grugahalle gemacht. Knapp 80.000 seien laut der Gruppe "Widersetzen" dabei gewesen. Mit einem großen Banner mit der Aufschrift "Gesicht zeigen gegen Hass und Hetze" am Kopf der Demo zogen zahlreiche Menschen durch die Straßen. Mit dabei: Junge Menschen, Familien und Senioren. Ihr Ziel: Der große Messe-Parkplatz P2, wo bis zum Abend eine große Gegenveranstaltung stattfand.
Eine Vielzahl von Vereinen und Organisationen hatte auf einem sogenannten "Markt der Möglichkeiten" Stände aufgebaut. Mit dabei sind unter anderem CORRECTIV, die Suchthilfe, die Diakonie oder verschiedene Parteien. An den Ständen gab es Infos über die einzelnen Organisationen und kleinere Aktionen. Bei der Caritas wurden auf einer Leinwand kleine Botschaften der Besucher gesammelt. Die evangelische Kirche in Essen verteilte regenbogenfarbene Glitzer-Abziehtattoos.
Viele möchten mit ihrer Anwesenheit ein Zeichen setzen
Auch Monika und Michael sind vom Niederrhein zu der Veranstaltung in der Nähe der Grugahalle gekommen. Sie wollen damit zeigen, dass sie für Demokratie und gegen die AfD sind. "Wir waren schon geschockt, dass öffentlicher Raum so einer Partei überlassen wird", sagt Michael über den Parteitag.
Auch Katharina will mit ihrer Anwesenheit ein Zeichen setzen. "Ich war fassungslos über die Ergebnisse bei der Europawahl. Als gebürtige Pottpflanze finde ich es unglaublich, dass die sich trauen, ins Ruhrgebiet zu kommen, in den kulturellen Meltingpot."
Am frühen Nachmittag begann dann das Bühnenprogramm. Als erster Redner stand Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen auf der Bühne. Die Stadt Essen hatte im Vorfeld versucht, den Parteitag zu verhindern, war aber gerichtlich gescheitert.
Auch Sonntag Protest
Am Sonntag geht der Parteitag und der Protest dagegen weiter. Um 9 Uhr gibt es eine Mahnwache in Sichtweite der Grugahalle.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporterin vor Ort
- Polizei Essen