"Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte fest entschlossen war, einen rassistisch motivierten Anschlag auf ein von ihm besuchtes Gymnasium in Essen zu begehen", so die Vertreterin der Bundesanwaltschaft beim Prozessauftakt am Freitag. Der 17-Jährige habe den Anschlag unter anderem mit selbst gebastelten Sprengsätzen ausüben wollen. Diese Sprengsätze hätten tödliche Verletzungen verursachen können.
"Mir ist wichtig, dass man bei einem so jungen Menschen genau hinguckt", sagte Strafverteidiger Andreas Wieser am Donnerstag vor Beginn des Prozesses. "Pubertät, Corona-Pandemie, wenig soziale Kontakte" – es gebe mehrere Faktoren, die berücksichtigt werden müssten. Der Gymnasiast habe sich auch schon gegenüber dem psychiatrischen Gutachter geäußert. Auch im Prozess möchte der 17-Jährige laut seinem Strafverteidiger ein Geständnis ablegen.
Verteidiger Andreas Wieser strebt eine Bewährungsstrafe für seinen Mandanten an: "Er braucht professionelle Hilfe, um wieder auf die richtige Bahn zu kommen." Außerdem bereue der 17-Jährige seine Taten. Er sei "im Internet gedanklich falsch abgebogen".
Im Internet radikalisiert
Der Angeklagte habe sich über das Internet radikalisiert, ohne dass seine Eltern es gemerkt hätten. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Schüler den rechtsextrem motivierten Terroranschlag auf das Gymnasium schon seit langem geplant hat. Er sollte am 13. Mai diesen Jahres stattfinden.
Nur einen Tag vorher hatten schwer bewaffnete Spezialeinheiten nach einem Hinweis durch einen Mitschüler die elterliche Wohnung des damals 16-Jährigen gestürmt. In seinem Kinderzimmer in Essen-Borbeck fanden die Einsatzkräfte Bauteile für mehrere Bomben, Waffen und rassistische, antisemitische und antimuslimische Schriften.
Mordfantasien und Ausländerhass
Die Bundesanwaltschaft wirft dem Schüler die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Terrorismusfinanzierung und Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz vor. Nach Jugendstrafrecht drohen dem 17-Jährigen dafür bis zu fünf Jahre Haft.
Im Gefängnis habe der Jugendliche "offen von seinem Anschlagsplan, seinen Mordfantasien, seinem Ausländerhass" erzählt. Außerdem habe er bewundernd über frühere rechtsextremistische Attentäter gesprochen und habe "hiervon bisher keinen Abstand genommen", sondern im Gegenteil "blinde Entschlossenheit" gezeigt, hieß es vom Bundesgerichtshof.
Einzelheiten des geplanten Anschlags in Manifest festgehalten.
Die Einzelheiten des geplanten "Massakers" habe der Jugendliche in einem Tagebuch und einem Manifest ausgearbeitet. Für Nachahmer habe er umfangreiche Handlungsanweisungen verfasst und Videobotschaften gedreht.
Das Gericht hat die Öffentlichkeit in dem Jugendstrafverfahren unmittelbar nach Prozessbeginn noch vor Verlesung der Anklage ausgeschlossen. Es sind zehn Verhandlungstage vorgesehen.
Über dieses Thema berichten wir am 09.12.2022 bei WDR2 in der Lokalzeit Rhein/Ruhr.