Kleinbauer aus Peru klagt gegen RWE

Lokalzeit Ruhr 17.03.2025 01:49 Min. Verfügbar bis 17.03.2027 WDR Von Björn Henke

Prozess von Bauer aus Peru gegen RWE geht weiter - heute keine Entscheidung

Stand: 19.03.2025, 09:33 Uhr

Vor dem Oberlandesgericht Hamm geht die sogenannte Klimaklage heute weiter. Ein Bauer aus Peru kämpft gegen den Energiekonzern RWE.

Von Portrait von Olaf BiernatOlaf Biernat

Saúl Luciano Lliyua ist immer noch entschlossen, gegen RWE zu siegen, auch wenn das Gericht heute zu Beginn schon verkündet hat, dass es am Mittwoch keine Entscheidung geben wird. Der peruanische Bauer und Bergführer ist heute zum zweiten Teil der mündlichen Verhandlung zum OLG Hamm gekommen. Er weiß, dass das ein harter Weg wird. Der Grund: Ein Gutachten von zwei Sachverständigen.

Klimaklage: Saúl Luciano Lliuya gegen RWE

Klimaklage: Saúl Luciano Lliuya gegen RWE

Die hatten am vergangenen Montag beim Beginn der Mündlichen Verhandlung fast sechs Stunden lang bis ins kleinste Detail ihre Einschätzung über die Situation am Palcacocha-See in Peru vorgestellt. Unterhalb dieses Sees befindet sich das Haus des Klägers auf rund 4.500 Metern Höhe. Er befürchtet, dass durch das Schmelzen der Gletscher in den darüber liegenden Anden der See überlaufen könnte.

Schuld daran sei der Klimawandel, für den er den Energiekonzern RWE mit verantwortlich macht. Einer Studie zufolge ist RWE für 0,38 Prozent aller weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Und so hat der Bergführer berechnet, dass RWE anteilig rund 20.000 Euro für Schutzmaßnahmen am Gletschersee bezahlen soll.

Wenn - ja, wenn das denn so stimmt mit dem Risiko, dass das Haus des schon seit zehn Jahren vor Gericht kämpfenden Peruaners wirklich überflutet werden könnte. Dafür waren die Gutachter nach Peru gereist und hatten dort Messungen vorgenommen, Bodenproben entnommen und Drohnenaufnahmen gemacht.

Gutachten für Kläger ernüchternd

Das Ergebnis war für den Bauern und seine Anwälte ernüchternd. Die Sachverständigen sehen das Flutrisiko bei nur knapp drei Prozent in dreißig Jahren. Sie machen das vor allem fest an den Gesteinsproben und sprechen von einem sehr massiven Berg, von dem nicht so schnell Erdrutsche ausgehen könnten. Außerdem sehen sie die Gefahr nicht so groß für Abgänge von Eisgletschern und wenn, dann würden die nicht so massiv sein, dass das Haus des Klägers durch eine Flutwelle regelrecht überspült würde.

Die Anwältin des Klägers, Roda Verheyen, erklärte nach dem ersten Tag der Mündlichen Verhandlung: "Wir sind mit dem Gutachten nicht einverstanden. Wenn das wirklich so beschlossen wird, dann sehe ich schwarz für den Katastrophenschutz in Peru."

Stellungnahme der Anwälte am Mittwoch gefragt

Umringt von Medien: Saúl Luciano Lliuya

Nach dem Etappensieg vor dem OLG Hamm 2017

Ihre Hoffnungen liegen nun auf dem heutigen zweiten Verhandlungstag, an dem sie andere Studien von anderen Klimaforschern vorstellen und Fragen an die Sachverständigen stellen wollen. Die Anwältin sieht das Risiko für Felsstürze und Gletscherabgänge bei 30 Prozent in 30 Jahren. Dabei gehe es auch um Faktoren wie Gletscherschmelze und Permafrost, die von den Gutachtern kaum berücksichtigt wurden.

Der Energiekonzern RWE hat sich am ersten Tag der Mündlichen Verhandlung kaum geäußert. Gleich sechs Anwälte hat der Konzern ins Rennen geschickt. In einer Stellungnahme heißt es von RWE: "Wenn ein solcher Anspruch nach deutschem Recht bestehen würde, könnte auch jeder Autofahrer haftbar gemacht werden". Das Essener Unternehmen glaubt, dass Lösungen für das globale Problem des Klimawandels auf staatlicher Ebene entwickelt werden sollten und nicht rückwirkend durch Gerichte. Heute dürfen sich die Anwälte dann ebenfalls vor Gericht äußern.

Tag der Entscheidung? Prozess von Bauer aus Peru gegen RWE geht weiter

WDR Studios NRW 19.03.2025 00:43 Min. Verfügbar bis 19.03.2027 WDR Online


Prozess hat bereits Rechtsgeschichte geschrieben

Im November 2017 hatte der Peruaner bereits einen Etappensieg errungen. Völlig überraschend hatte das OLG Hamm damals die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass ein deutsches Unternehmen für die Folgen des Klimawandels in anderen Gegenden der Erde haften muss. Bislang hatten Gerichte von vornherein ausgeschlossen, dass von Vielen verursachte Emissionen einzelnen Verursachern zugeordnet werden können.

Klimaprotest gegen RWE

Klimaaktivisten protestieren vor dem OLG Hamm

Während des Prozesses laufen vor dem OLG Hamm auch wieder zahlreiche Proteste von Klima-Aktivisten. Sie hatten bereits am Montag Stimmung gemacht und auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam gemacht.

Prozess zieht sich fast zehn Jahre

Vor Beginn der Mündlichen Verhandlung am Montag erklärte der Kläger Saúl Luciano Lliuya froh zu sein, dass es fast zehn Jahre nach dem ersten Prozesstag endlich weitergehe: "Ich habe lange auf den Termin gewartet, um endlich Klarheit zu bekommen."

"Um mich herum schmelzen die Gletscher und ich mache mir Sorgen um die Zukunft meiner Familie und meiner Stadt."

In seiner Stadt ist er bereits ein kleiner Volksheld, die ganze Region blickt auch heute wieder mit Spannung nach Hamm.

Unterstützt wird der Bergbauer von der Umweltorganisation Germanwatch. Die Prozesskosten übernimmt die Stiftung Zukunftsfähigkeit. Geklagt hatte der Landwirt zunächst vor dem Landgericht Essen, das hatte einen zivilrechtlichen Anspruch in der ersten Instanz noch abgelehnt.

Unsere Quellen:

  • Germanwatch
  • OLG Hamm
  • RWE
  • Rechtsanwälte
  • Reporter vor Ort

Klimaklage von Bauer aus Peru: "Geht weit über RWE hinaus"

WDR 5 Morgenecho - Interview 17.03.2025 07:43 Min. Verfügbar bis 17.03.2026 WDR 5


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