Es war eine Überraschung für den Verteidiger des Angeklagten, aber auch für das Gericht. Die Staatsanwaltschaft hat zu Prozessbeginn eine sogenannte Nachtragsanklage vorgebracht. 34 weitere Fälle von Tierquälerei sollen Bestandteil des Prozesses gegen den Schlachthof- und Metzgereichef werden.
Diese hätten sich bei der Auswertung von Bildmaterial und den Prozessen gegen die Mitarbeiter des Angeklagten ergeben. Der Prozess wurde deswegen jetzt ausgesetzt. Vor dem Gericht hat es eine Mahnwache von Tierschützerinnen und Tierschützern gegeben.
Fotos haben Anklage möglich gemacht
Die 2021 mit versteckter Kamera aufgenommenen Bilder der Soko Tierschutz sind schwer zu ertragen. Stark abgemagerte Tiere wurden von Mitarbeitern des Unternehmens unter anderem mit Stangen geprügelt, teilweise so schlimm, dass sie vor Erschöpfung umkippten. Das Fleisch von mindestens einem verendeten Tier soll dann noch weiterverarbeitet und verkauft worden sein.
Die auf den Bildern klar zu identifizierenden Mitarbeiter des Schlachtbetriebes standen schon vor Gericht. Einer bekam einen Strafbefehl über ein Jahr auf Bewährung, der zweite wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Dagegen hat er aber Berufung eingelegt.
Chef soll über die Tierquälerei Bescheid gewusst haben
Nun muss sich der Firmenchef selbst vor Gericht verantworten. Seine ehemaligen Beschäftigten werden gegen ihn aussagen, ebenso Tierschützer Friedrich Mülln, der die Aufnahmen 2021 veröffentlicht hatte. Er ist froh, dass jetzt auch mal ein Firmenchef vor Gericht steht und nicht nur die Mitarbeiter.
Doch die neue Wendung gefällt Tierschützer Mülln nicht "Das kann bedeuten, dass der Prozess erst in einem Jahr weitergeht. Am Ende wirkt sich das noch strafmildernd aus". Er geht davon aus, dass der Unternehmer von all den Fällen wusste und somit der Hauptverantwortliche der Tierquälereien ist. "Er ist meiner Meinung nach der Kopf des Systems, das die Tierquälerei ermöglicht hat".
Metzgerbetrieb hatte guten Ruf
Die ehemalige Metzgerei ist seit über drei Jahren geschlossen. Der Kreis hatte die Betriebe wegen zahlreicher Verstöße dicht gemacht. Davor war das Unternehmen mit 50 Mitarbeitern eine feste Größe in Werne. Die schlimmen Bilder der Tierschützer hätten alles verändert.
Eigentlich sollte das Verfahren in diesem Jahr zu Ende gehen. Jetzt kann es Monate dauern, eher weiterverhandelt werden kann. Die bisher angesetzten Verhandlungstermine sind gestrichen, das Verfahren soll zu einem späteren Zeitpunkt neu beginnen. Im Falle einer Verurteilung droht dem Werner Unternehmer möglicherweise eine Haftstrafe.
Unsere Quellen:
- Soko Tierschutz
- Amtsgericht Lünen
- Friedrich Mülln
- WDR-Reporter
Über dieses Thema berichtet der WDR am 27.11.2024 auch im Fernsehen in der Lokalzeit aus Dortmund um 19.30 Uhr.