"Dortmund will sich zur EM gut präsentieren. Dazu passen keine Bilder von Obdachlosen", glaubt Alexandra Gerhardt vom Wohnungslosen-Magazin Bodo aus Dortmund. Die Redakteurin und Sprecherin des Obdachlosen-Vereins fürchtet deshalb: Die Stadt könnte zur Europameisterschaft gezielt Obdachlose aus der Innenstadt vertreiben.
In der Vergangenheit habe es Fälle gegeben, in denen Wohnungslose morgens vom Ordnungsamt geweckt und dann aus der City vertrieben worden wären, berichtet Gerhardt: "Von solchen Fällen haben Obdachlose erzählt." Sie fürchtet, dass sich solche Fälle während der Fußball-Europameisterschaft wiederholen könnten.
Davor haben auch Motzy und Harald Angst. Sie leben vor dem Dortmunder Hauptbahnhof auf der Straße. "Wo sollen wir denn hin? Sollen wir in eine andere Stadt gehen, oder was?", fragt Motzy im Gespräch mit unserem WDR-Reporter. "Dortmund ist mein Zuhause, ich will hier bleiben!"
Ihr Freund Harald fügt hinzu: "Wir wollen ja auch gar nichts Böses! Wir wollen einfach nur einen trockenen Platz zum Schlafen haben, und mehr wollen wir gar nicht." Die einzige Übernachtungsstelle für obdachlose Menschen in der Stadt sei ständig überfüllt, erzählt Harald weiter.
Stadt arbeitet an Konzept - für nach der EM
Da hätte die Stadt schon längst aktiv werden können, findet Bastian Pütter von der Obdachlosenhilfe Bodo. "Man hätte zum Beispiel über Containerlösungen Leute unterbringen können, die möglicherweise dann aus dem Stadtbild auch erstmal weg wären. Darauf hat man aber verzichtet."
Die Stadt Dortmund lässt wissen, dass sie "intensiv an einer Konzeption für die Einrichtung eines ergänzenden, niedrigschwelligen Angebots, um die Situation für obdachlose Menschen in der Stadt weiter zu verbessern." Eine Entscheidung dazu soll es aber erst im 2. Halbjahr geben, wahrscheinlich lange nach der EURO.
Stadt: Lagern und Campieren ist verboten
Die Stadt bestreitet, dass sie gezielt zur Europameisterschaft die Kontrollen verschärfen wird. Sie bestätigt aber, dass es selbstverständlich welche geben wird. "Weil das Campieren und Lagern auf öffentlichen Flächen verboten ist", begründet Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) die Maßnahme. "Deshalb machen wir mit unseren Ordnungskräften genau das, was wir seit zwei Jahren intensiv tun: Die Menschen darauf hinzuweisen, sie zu bitten, den Ort zu verlassen". Das habe man vor der EM gemacht und das ändere sich jetzt auch nicht.
Verweis auf Legale Übernachtungsmöglichkeiten
Obdachlose würden respektvoll behandelt, schreibt Stadtsprecher Christian Stein in einer Mail an den WDR. Der Ordnungsdienst der Stadt werde bestehendes Recht durchsetzen, gleichzeitig aber auch auf Übernachtungsmöglichkeiten für Wohnungslose in Dortmund hinweisen.
In Dortmund leben besonders viele Cracksüchtige auf der Straße. Die sorgen auch immer wieder für Ärger bei den Innenstadt-Händlern, die um ihre Umsätze fürchten. Die Drogenabhängigen übernachten in Hauseingängen vor Geschäften. Sie hinterlassen dort Fäkalien und Müll. Beobachter gehen von einem harten Kern von etwa 50 Drogenabhängigen aus, der immer wieder durch aggressives Betteln und das Verschmutzen von Hauseingängen auffällt.
Konsumraum soll umziehen
Die Dortmunder Politik hat auf das Problem bereits reagiert. So wurden die Öffnungszeiten des Drogenkonsumraums verlängert. Aber viel Cracksüchtige nutzen den Raum nicht regelmäßig, weil sie in zu kurzen Abständen Crack konsumieren.
Weil der Konsumraum mitten in der Innenstadt neben einem Einkaufszentrum liegt, sucht die Stadt auch hier nach alternativen Räumlichkeiten. Bisher allerdings erfolglos.
Unser Quellen:
- Bodo e.V.
- Stadt Dortmund
- WDR-Reporter vor Ort