Bei Thyssenkrupp Steel Europe hat am Freitag der der Aufsichtsrat über die Zukunft des Unternehmens und über die geplante Trennung der Stahlsparte beraten. Der Aufsichtsratsvorsitzende von Thyssenkrupp, Sigmar Gabriel, gab am Abend bekannt, dass man noch nicht soweit sei, über die Restrukturierung und somit über die Höhe des Stellenabbaus zu sprechen.
Jedoch sei eine Finanzierungsvereinbarung zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit von Thyssenkrupp Steel Europe getroffen worden. Damit sei die derzeitige öffentliche Spekulation über eine angeblich drohende Insolvenzgefahr beendet, betonte Gabriel am Abend.
Wie sicher sind die Jobs der Stahlarbeiter?
Die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) sollen verkauft und nicht geschlossen werden, gab der Aufsichtsrat bekannt. Thyssenkrupp hält 50 Prozent der Anteile des Unternehmens, das in Duisburg 3.000 Beschäftigte hat.
Um über die Zukunft der Stahlarbeiter bei Thyssenkrupp Steel und den zu erwartenden Stellenabbau zu sprechen, sei es aber noch verfrüht.
An der Sitzung nahm auch der tschechische Investor Daniel Kretinsky teil, der als neuer Teilhaber der Stahlsparte des Unternehmens Interesse zeigt. Laut Sigmar Gabriel will auch er keine betriebsbedingten Kündigungen.
Gutachten soll mehr Klarheit bringen
Um jedoch die Voraussetzung für die Verselbstständigung der Stahlproduktion zu schaffen, müssten weitere Finanzierungsfragen gelöst werden. Thyssenkrupp Steel soll nicht wie bisher am Cashflow des Mutterkonzerns partizipieren, sondern über ein Darlehen finanziert werden. Das Gutachten eines externen Wirtschaftsprüfers soll Aufschluss über die Höhe dieses Darlehens geben. Das Ergebnis werde noch in diesem Jahr erwartet.
Hintergrund
Wie das Unternehmen bereits im Frühjahr mitteilte, soll die Produktionskapazität am Standort Duisburg von 11,5 auf bis zu 9 Millionen Tonnen pro Jahr verringert werden. Damit werde auch ein Arbeitsplatzabbau verbunden sein. Die Aufsichtsratssitzung wurde von verschiedenen Mitarbeiterprotesten begleitet.
Stahlkumpel versammeln sich zum Motorradkonvoi
Am Freitagvormittag trafen sich Stahlarbeiter aus der Region, um mit einem Motorradkorso zur Konzernzentrale zu fahren. Unter ihnen waren auch Jörg und Niklas Nölcke aus Bochum, Vater und Sohn. Jörg Nölcke hat 1989 bei Thyssenkrupp angefangen. Schon damals hat man viel darüber geredet, dass die Stahlindustrie am Ende sei, sagt er. Aber so schlimm wie jetzt, war es noch nie.
Wolfgang Löb aus Duisburg hatte gehofft, dass er in zwei Jahren in Altersteilzeit gehen kann. Darauf macht sich der 56-Jährige Schlosser keine Hoffnungen mehr. Nach vierzig Jahren bei Thyssenkrupp geht dem Schlosser die Hoffnung aus.
Protestaktion am Donnerstagabend
Mehrere hundert Beschäftigte haben schon am Abend vor der Aufsichtsratssitzung 300 Kreuze auf der Wiese vor der Hauptverwaltung von ThyssenKrupp Steel aufgestellt. Dazu ein riesiges Banner mit der Aufschrift “Rote Linie”, das aus der Konferenz-Etage des Hochhauses zur Aufsichtsratssitzung gut sichtbar sein soll.
“Wir hoffen, dass einige Aufsichtsräte mit Demut herunterschauen”, sagte Betriebsrat Dirk Riedel. Auch die Aufsichtsrätin und Betriebsratsvorsitzende der Dortmunder Westfalenhütte, Kirstin Zeidler, war gekommen. Sie rechnete nicht damit, dass in der Sitzung sehr konkrete Pläne vorgelegt werden: “Die Unsicherheit wird bleiben”, schätzte sie.
Viele Mitarbeiter betroffen
Seit Monaten warten die 27.000 Stahlarbeiter von Thyssenkrupp auf das angekündigte neue Zukunftskonzept. In Duisburg sind 13.000 Menschen von den Plänen betroffen. Neben dem Personalabbau sollen auch einige Werksteile oder Standorte stillgelegt werden.
In den aktuell 11,5 Millionen Tonnen Produktionskapazität sind auch die Kapazitäten enthalten, die vom Duisburger Unternehmen Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) für Thyssenkrupp produziert werden. HKM beschäftigt 3.000 Mitarbeiter und gehört zu 50 Prozent Thyssenkrupp Steel.
IG Metall fordert Standortgarantien
Die Debatte über die geplanten Veränderungen in der Stahlsparte hatte in den vergangenen Monaten für Unruhe in der Belegschaft gesorgt. Die IG Metall rief mehrfach zu großen Protestaktionen auf. Gefordert wurden bei einer Restrukturierung die Einhaltung von Tarifverträgen, keine betriebsbedingten Kündigungen, Standortgarantien über 2026 hinaus und eine Fortsetzung der Transformationspläne in Richtung klimaneutral erzeugter Stahl.
Grund für die Neuaufstellung
Die geringere Nachfrage, hohe Energiekosten, Überkapazitäten und Billigimporte aus Asien sind laut Konzernchef Miguel López Gründe für die geplante Neuaufstellung der Stahlsparte. In Deutschland würden die hohen und durch klimapolitische Zielsetzungen weiter steigenden Energiekosten das Unternehmen unter Druck setzen.
"Grüner Stahl" aus Duisburg soll das Ziel bleiben
Trotz Umbau will Thyssenkrupp an dem Ziel festhalten, bis spätestens 2045 vollständig klimaneutral zu produzieren. Daher werde der Bau der ersten Direktreduktionsanlage am Standort Duisburg weiter, wie geplant, umgesetzt. Der "Grüne Stahl" aus Duisburg wird mit bis zu zwei Milliarden Euro Fördergeldern unterstützt.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- dpa (Deutsche Presse Agentur)