Die deutsche Schauspielerin Sandra Hüller hat Chancen auf den Oscar als beste Hauptdarstellerin. Wie die US-Filmakademie am Dienstag in Los Angeles mitteilte, ist sie für ihre Rolle im Justizdrama "Anatomie eines Falls" der französischen Regisseurin Justine Triet nominiert. Darin verkörpert Hüller eine Frau, die beschuldigt wird, ihren Ehemann ermordet zu haben.
Für diese Oscar-Kategorie konkurriert Hüller mit den US-Schauspielerinnen Emma Stone ("Poor Things"), Lily Gladstone ("Killers of the Flower Moon"), Annette Bening ("Nyad") und mit der Britin Carey Mulligan ("Maestro").
Sandra Hüller spielt im Bochumer Schauspielhaus
Theaterfans aus NRW dürfte die 45-Jährige von der Bühne des Bochumer Schaupielhauses bekannt sein: Dort gehört Sandra Hüller seit 2018 zum Ensemble. Aktuell spielt sie den Hamlet.
Für Johan Simons, Intendant am Bochumer Schauspielhaus, ist die Nominierung "keine Überraschung", wie er am Mittwoch dem WDR erklärte. "Sie muss den Oscar auch bekommen", sagte Simons. Weil sie eine außergewöhnliche Schauspielerin sei: "Superintelligent, sie kann ihre Gefühle strömen lassen, ist ideenreich bis zum geht nicht mehr." Und Sandra Hüller versuche immer, "am Moment zu sein und zu spielen, jede Sekunde wahrhaft zu sein".
Ob die Oscar-Nominierung für die Bochumer Schauspielerin den Beginn einer Hollywood-Karriere bedeute, entscheide ganz allein sie selber, vermutet Intendant Simons. "Ich denke, sie wird Angebote aus Hollywood bekommen und neun von zehn ablehnen - weil das Skript nicht interessant ist. Das ist das Einzigartige bei Sandra Hüller: Sie bleibt sich selbst treu."
Hüller seit 2023 auf Erfolgskurs
Die 1978 in Thüringen geborene Hüller machte ihre Ausbildung an der renommierten Schauspielschule Ernst Busch in Berlin. Es folgten Engagements an diversen Theatern, unter anderem in Jena, Leipzig und Basel. 2018 wechselte Hüller ans Schauspielhaus Bochum, wo sie bis heute regelmäßig spielt und auch lebt.
Ihren Durchbruch beim Film hatte die Schauspielerin in "Toni Erdmann" - ein Film, der ebenfalls für einen Oscar nominiert war. Seit dem vergangenen Jahr ist Hüller weiter auf internationalem Erfolgskurs: Beim Filmfestival im südfranzösischen Cannes zählten beide für den Oscar nominierten Filme zu den Siegern. "Anatomie eines Falls" räumte den Hauptpreis ab, die Goldene Palme. "The Zone of Interest" wurde mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet. Es folgten der Europäische Filmpreis und der Preis der US-Filmkritiker. Bei den britischen Bafta-Filmpreisen ist Hüller ebenfalls als beste Schauspielerin nominiert, auch bei Golden Globes zählte die 45-Jährige zu den Nominierten.
Weitere nominierte Filme
"Anatomie eines Falls" ist auch als bester Film nominiert - genauso wie der britische Film "The Zone of Interest" von Regisseur Jonathan Glazer, in dem Hüller die Frau des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß spielt. Beide Filme sind außerdem für den begehrten Regie-Preis nominiert.
- "The Zone of Interest" - darum geht es: Der Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß und seine Ehefrau Hedwig realisieren auf einem direkt an die Lagermauer angrenzenden Grundstück ihre Vorstellung eines Traumlebens mit einer kinderreichen Familie, Haus und großem Garten. Als Rudolf nach Oranienburg versetzt werden soll, droht das mühsam aufgebaute Familienidyll zu zerbrechen und er hält die Information vor seiner Ehefrau zurück. Als Hedwig davon erfährt, weigert sie sich, ihr "Traumhaus" zu verlassen. Hüller spielt die Ehefrau.
- "Anatomie eines Falls" - darum geht es: In einer abgeschiedenen Bergregion wird eine Frau - gespielt von Hüller - des Mordes an ihrem Ehemann beschuldigt. Ihr elfjähriger blinder Sohn ist der einzige Zeuge des Ereignisses. Er steht vor einem moralischen Dilemma, als ein Jahr nach dem Vorfall der Gerichtsprozess stattfindet, bei dem die Beziehung seiner Eltern seziert wird. Der Prozess wird zu einer emotionalen Achterbahnfahrt, die nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Zukunft des Jungen beeinflusst.
"Das Lehrerzimmer" und "Perfect Days" für Oscar nominiert
Der deutsche Film "Das Lehrerzimmer" ist bei den Oscars als bester internationaler Film nominiert. Das Drama von Regisseur Ilker Catak mit der Hauptdarstellerin Leonie Benesch konkurriert in der Preis-Kategorie mit "Io Capitano" aus Italien, "Perfect Days" aus Japan, "Die Schneegesellschaft" aus Spanien und "The Zone of Interest". "Perfect Days" stammt von dem in Düsseldorf geborenen Regisseur Wim Wenders, der den Film in Japan drehte und daher für Japan ins Rennen geht.
- "Das Lehrerzimmer" - darum geht es: Eine junge idealistische Lehrerin beginnt ihren ersten Job an einer Schule. Das Kollegium versucht, die Täter einer Serie von Diebstählen zu ermitteln, indem es die Klassensprecher ausfragt. Die Lehrerin lehnt diese Methoden ab und beginnt, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen. Als die Schulsekretärin und Mutter eines Schülers schließlich zur Hauptverdächtigen wird, geraten auch die Methoden der Lehrerin an ihre Grenzen.
Beim Deutschen Filmpreis im Mai wurde "Das Lehrerzimmer" als bester Film des Jahres ausgezeichnet.
- "Perfect Days" - darum geht es: Der Film von Wim Wenders schildert den Alltag eines Toiletten-Putzers in Japan - ein Mann, der offenbar aus reichem Hause stammt und sich aufgrund von familiären Streitigkeiten für das Leben in der unteren Gesellschaftsschicht entschieden hat. Von dieser Familie erfährt man, da die Nichte des Mannes von zu Hause ausreißt und bei ihrem Onkel bleiben will. Sie wird schließlich von ihrer Mutter mit einem Chauffeur abgeholt.
Die diesjährigen Oscars werden am 10. März in Los Angeles verliehen. Mit den meisten Nominierungen, nämlich 13, geht der Film "Oppenheimer" über den "Vater der Atombombe" ins Rennen.
Die Nominierungen in den wichtigsten Kategorien im Überblick:
- Bester Film: "Oppenheimer" - "Killers of the Flower Moon" - "Maestro" - "Anatomie eines Falls" - "Past Lives" - "The Zone of Interest" -"Barbie" - "Poor Things" - "American Fiction" - "The Holdovers"
- Beste Regie: Martin Scorsese ("Killers of the Flower Moon") - Christopher Nolan ("Oppenheimer") - Giorgos Lanthimos ("Poor Things") - Jonathan Glazer ("The Zone of Interest") - Justine Triet ("Anatomie eines Falls")
- Beste Hauptdarstellerin: Lily Gladstone ("Killers of the Flower Moon") - Carey Mulligan ("Maestro") - Sandra Hüller ("Anatomie eines Falls") - Annette Bening ("Nyad") - Emma Stone ("Poor Things")
- Bester Hauptdarsteller: Bradley Cooper ("Maestro") - Cillian Murphy ("Oppenheimer") - Colman Domingo ("Rustin") - Jeffrey Wright ("American Fiction") - Paul Giamatti ("The Holdovers")
- Beste Nebendarstellerin: Emily Blunt ("Oppenheimer") - Da'Vine Joy Randolph ("The Holdovers") - Danielle Brooks ("The Color Purple") - Jodie Foster ("Nyad") - America Ferrera ("Barbie")
- Bester Nebendarsteller: Ryan Gosling ("Barbie") - Robert De Niro ("Killers of the Flower Moon") - Robert Downey Jr. ("Oppenheimer") - Mark Ruffalo ("Poor Things) - Sterling K. Brown ("American Fiction")
- Bester internationaler Spielfilm: Deutschland ("Das Lehrerzimmer") - Italien ("Io Capitano") - Großbritannien ("The Zone of Interest") - Spanien ("Die Schneegesellschaft") - Japan ("Perfect Days")
Über die Oscar-Nominierung von Sandra Hüller berichtet am 23.01.2024 auch die Aktuelle Stunde ab 18.45 Uhr.