An den Schulen in Deutschland hat Gewalt unter Kindern und Jugendlichen zugenommen. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat tausend Lehrerinnen und Lehrer zu ihren Erfahrungen im Schulalltag befragt. 44 Prozent der Lehrer haben den Eindruck, dass körperliche Gewalt wie Tritte und Schläge zugenommen haben. 56 Prozent der Lehrer erleben eine Zunahme von psychischer Gewalt wie Beleidigungen, Beschimpfungen und Mobbing.
Lehrer erleben regelmäßig Gewalt unter Schülern
Ein Drittel der befragten Lehrer hat im vergangenen Schuljahr mindestens einmal pro Woche mit körperlicher Gewalt unter Schülern zu tun gehabt - weil die Vorfälle in ihrem Unterricht oder während ihrer Pausenaufsicht passiert sind oder sie als Klassenlehrer hinzugezogen wurden. Fast die Hälfte der Lehrer hat im vergangenen Schuljahr mindestens einmal pro Woche psychische Gewalt unter Schülern beobachtet.
Schüler Aaron hat selbst Mobbing erlebt und dem WDR im Gespräch von seinen Erlebnissen berichtet: "Wir hatten einen Kiosk. Da stand ich in der Schlange und mir wurde von hinten die Hose zerissen. Da habe ich gesagt: Das geht so nicht weiter."
Die Lehrerinnen und Lehrer vermuten größtenteils (93 Prozent) persönliche Faktoren wie mangelnde Empathie und eine niedrige Frustrationstoleranz als Grund für Gewalt. Viele Lehrer (78 Prozent) nehmen außerdem an, dass familiäre Faktoren eine Rolle spielen: Beispielsweise eine geringe Bindung an die Eltern und Gewalt im Elternhaus. An Gymnasien haben Lehrer psychische und körperliche Gewalt seltener beobachtet als an anderen Schulen.
Mehr Unfälle durch Auseinandersetzungen unter Schülern
Der Verband der Unfallversicherer DGUV hat nicht nur Lehrerinnen und Lehrer befragt, sondern auch eigene Zahlen zu Unfällen vorgelegt, bei denen Gewalt unter Schülern eine Rolle gespielt hat. Demnach gab es im vergangenen Jahr fast 65.000 solcher Unfälle, bei denen beispielsweise ein Schüler einen anderen geschubst und derjenige sich im Sturz verletzt hat. Die Zahl dieser Unfälle hat gegenüber dem Vorjahr um rund 20 Prozent zugenommen. Schwere Verletzungen gab es bei gewalttätigen Auseinandersetzungen unter Schülern aber selten.
Schulleiterin Franka Christen von der Gesamtschule Hardt in Mönchengladbach plädiert dafür, den Umgang miteinander in der Schule zu lernen:
Christen weiter: "Und wenn mal was passiert, dann müssen wir den jungen Menschen Konsequenzen aufzeigen, ihnen aber auch die Möglichkeit geben, es wieder gut zu machen."
Viel Prävention, wenig Nachsorge
In vielen Schulen wird der Schutz vor Gewalt im Unterricht thematisiert. 84 Prozent der Lehrer haben in der DGUV-Umfrage angegeben, dass Gewaltprävention im Programm ihrer Schule verankert ist. Dagegen haben nur 41 Prozent der Befragten berichtet, dass es in ihrer Schule ein Nachsorgekonzept wie beispielsweise eine Streitschlichtung gibt. "Schulen tun bereits viel, um Gewalt zu begegnen", sagt die Leiterin des Fachbereichs Bildungseinrichtungen der DGUV, Annette Michler-Hanneken. "Die Antworten zeigen aber auch, dass ein Teil der Lehrkräfte noch Verbesserungsmöglichkeiten sieht."
Unsere Quellen:
- Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)
- WDR-Interviews mit Schüler Aaron und Schulleiterin Frank Christensen
Über dieses Thema berichtet der WDR am 30.09.2024 auch im Radio im Tag um zwölf bei WDR 4 und im Mittagsecho bei WDR 5 um 13:00 Uhr.