Für hunderttausende Schülerinnen und Schüler im Westen beginnt nach den Sommerferien ein neuer Lebensabschnitt. Sie werden als Erstklässler eingeschult oder wechseln an eine weiterführende Schule. In beiden Fällen stehen Eltern vor der Frage: Wie kommt mein Kind sicher zur Schule?
Ob zu Fuß, mit dem Fahrrad, im Auto oder mit Bus und Bahn - darauf kommt es an, wenn Eltern einen passenden Schulweg für ihre Kinder aussuchen:
Zu Fuß zur Schule
Eins vorweg: Grundsätzlich ist es immer ratsam, den Schulweg vor dem Schulstart mehrfach mit den Kindern zu üben. Erst recht, wenn sie zu Fuß zur Schule gehen sollen. Das empfiehlt die Landesverkehrswacht NRW.
"Der kürzeste Weg zur Schule ist nicht immer der sicherste", sagt Präsident Klaus Voussem. "Ein kleiner Umweg macht den Weg manchmal sicherer. Schlecht sind immer Straßen ohne Gehwege, unübersichtliche Kreuzungen und Übergänge oder Ausfahrten von Supermärkten."
An vielen Schulen in NRW sind mittlerweile sogenannte Laufbusse etabliert, in denen Kinder aus derselben Nachbarschaft zur Schule laufen. Wenn gewünscht, in Begleitung eines Elternteils. Außerdem empfiehlt die Landesverkehrswacht helle, reflektierende Kleidung, damit die Kinder gut erkennbar sind, wenn sie die Straße überqueren. In der dunklen Jahreszeit ist das besonders wichtig.
Mit dem Fahrrad
Wenn Kinder schon gut Radfahren können, kann auch das Fahrrad eine Option für den Schulweg sein. Bevor es losgeht, sollten Eltern sicherstellen, dass das Fahrrad verkehrssicher ist: Bremsen, Klingel, Scheinwerfer und Rückstrahler müssen funktionieren. Ein Helm ist Pflicht, helle Kleidung oder Reflektoren am Helm sehr empfehlenswert.
Wichtig: Laut ADAC lernen Kinder frühestens mit acht Jahren, mögliche Gefahren im Straßenverkehr zu erkennen. "Bei jüngeren Kindern ist das Seh- und Hörvermögen meist noch nicht vollständig entwickelt. Es fällt ihnen schwer, Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen. Auch lassen sie sich leicht ablenken", schreibt der ADAC in einem Ratgeber für Eltern. Jüngere Kinder sollten sie deshalb auf dem Schulweg mit dem Fahrrad begleiten.
Mit Bus und Bahn zur Schule
Hier gilt einmal mehr: Übung macht den Meister. Vor dem Schulstart sollten Eltern den gesamten Schulweg mit ihren Kindern proben. Gerade, wenn sie unterwegs umsteigen müssen. Wenn Kinder auch hier in Gruppen zur Schule fahren, kann das jedem einzelnen Kind zusätzliche Sicherheit geben. Hat also ein Mädchen oder ein Junge aus der Nachbarschaft denselben Schulweg, können sich die Kinder zusammentun und gemeinsam fahren.
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr empfiehlt, mit Kindern vorab das Lesen des Fahrplans zu üben. Außerdem sollten Eltern sie auf Gefahrenpunkte hinweise, zum Beispiel das "Ein- und Aussteigen durch den fließenden Verkehr." Sollte es Probleme geben, können sich Kinder jederzeit an das Personal wenden, schreibt der VRR. Da vor allem in Bahnen häufig kein Personal erreichbar ist, können Kinder dort die Alarmknöpfe im Zug oder an Bahnstationen nutzen.
Um den Schulweg mit dem ÖPNV zu üben, gibt es in einigen Regionen in NRW auch kostenlose Tickets für Kinder. Der Verkehrsverbund Westfalentarif bietet im August etwa das sogenannte "ElternKindTicket" an. "Zum Start des neuen Schuljahrs können sich Kids in Begleitung eines Elternteils mit den Besonderheiten einer Fahrt mit Bus, Stadtbahn oder Nahverkehrszug vom Wohn- bis zum Schulort vertraut machen", heißt es vom Verkehrsverbund. Auch der Aachener Verkehrsverbund bietet eine kostenlose Fahrt zur Übung für Kinder und Eltern an.
Im Auto mit den Eltern
Für viele Eltern ist das Auto die sicherste und bequemste Schulweg-Variante. Zum Beispiel, weil die Schule auf dem Arbeitsweg liegt. Experten raten davon allerdings ab. Unter anderem, weil es vor vielen Schulen in NRW zuletzt große Probleme mit Elterntaxis gab.
Wer sich trotzdem fürs Auto entscheidet, sollte sich vor der Schule an diese Regeln halten: nicht zu schnell fahren, keine Zufahrten oder Eingänge zuparken, besonders rücksichtsvoll gegenüber Kindern sein, die zu Fuß unterwegs sind. An einigen Schulen in NRW gibt es mittlerweile Elternhaltestellen. Das sind Zonen, in denen Eltern halten und ihre Kinder rauslassen können, ohne andere Verkehrsteilnehmer zu behindern.
Warum sollten Kinder ihren Schulweg besser selbstständig bestreiten?
Verkehrsexperten, die Landesverkehrswacht NRW und auch viele Lehrer halten es für sinnvoller, die Kinder selbstständig auf den Schulweg zu schicken. "Man muss den Eltern auch klarmachen, was sie den Kindern nehmen, wenn sie sie zur Schule fahren", findet Meike Wiegand vom Zukunftsnetz Mobilität NRW.
"Die Kinder lernen, sich im Straßenverkehr zu bewegen. Sie gewinnen an Sozialkompetenz und erleben etwas auf dem Weg. Wenn die Kinder sich bewegen, ist das total wichtig für die Gehirnentwicklung. Die Synapsen verbinden sich anders. Das ist etwas, das auch bei den Eltern ankommt. Denn alle möchten gerne schlaue Kinder haben."
Selbstständig, sicher, umweltfreundlich
Annette Lahusen-Wiemann, die stellvertretende Schulleiterin der Dortmunder Liebig-Grundschule, sieht das genauso: "Wenn die Kinder den Schulweg selbst zurücklegen, bauen sie eine innere Landkarte auf." Die Schule hat sich das Ziel gesetzt, dass ihre Schülerinnen und Schüler selbstständig, sicher und umweltfreundlich zur Schule kommen sollen. Deshalb nimmt sie auch an Aktionstagen und Förderprojekten teil.
In Dortmund kommt auch das "Verkehrszähmer"-Konzept zum Einsatz, das Meike Wiegand vom Zukunftsnetz Mobilität NRW mitentwickelt hat. Das soll Kinder dazu motivieren, zu Fuß zur Schule zu kommen. Dafür bekommen sie Zaubersterne, die sie später gegen Belohnungen einlösen können, zum Beispiel "Hausaufgaben-frei". "Das führt dazu, dass die Kinder auch mal sagen, dass sie keine Lust haben, mit dem Auto zur Schule gebracht zu werden. Die wollen dann lieber Zaubersterne sammeln und zu Fuß gehen", erklärt sie.
Schulweg: Mit Kindern im Gespräch bleiben
Außerdem sollten Eltern öfter mit ihren Kindern über den Schulweg sprechen, findet Meike Wiegand. Sie begleitet Kinder regelmäßig auf sogenannte "Streifzüge", um zu sehen, woran es auf ihrem Schulweg hapert.
Manchmal ließe sich ein Problem mit einem Gespräch beheben. Zum Beispiel, wenn Kinder Angst vor einem bellenden Hund in einem Garten haben. Manchmal, wenn ein Bürgersteig oder eine Ampel fehlt, müsse die Kommune ran. Am Ende finde sich meist eine Lösung, um den Schulweg der Kinder sicherer zu machen.
Unsere Quellen:
- Landesverkehrswacht NRW, WDR-Interview mit Präsident Klaus Voussem
- Zukunftsnetz Mobilität NRW, WDR-Interview mit Meike Wiegand
- Website vom ADAC
- Website vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR)
- Liebig-Grundschule Dortmund
- Aktionstag "Zu Fuß zur Schule"