31.12.2015, 21 Uhr: Auf dem Platz vor dem Kölner Hauptbahnhof und auf den Treppen zum Dom versammeln sich etwa 400 bis 500 Personen. Die Rede ist von jungen Männern zwischen 18 und 35 Jahren mit nordafrikanischer bzw. arabischer Herkunft. Alkohol ist im Spiel. Feuerwerkskörper werden aus der Masse heraus abgefeuert.
31.12.2015, 23 Uhr: Mittlerweile haben sich laut Polizei rund eintausend Menschen auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz versammelt. Polizeidirektor Michael Temme beschreibt die Stimmung im Nachhinein als "aggressiv". Die Personen seien "völlig enthemmt" gewesen und hätten sich auch vom Einschreiten der Polizei "unbeeindruckt" gezeigt.
Die Polizei räumt Bahnhofsvorplatz und Treppen, weil sie eine weitere Eskalation befürchtet. Temme spricht von knapp 150 Kräften, die in der Silvesternacht am Hauptbahnhof im Einsatz sind.
01.01.2016, 1:00 Uhr: Die Kölner Polizei hat - nach eigenen Angaben - nun erste Hinweise erhalten, dass es auch massive sexuelle Übergriffe auf Frauen gegeben hat. Augenzeugen berichten später davon, dass es auch innerhalb des Bahnhofs zu Übergriffen gekommen ist. Für diesen Bereich ist nicht die Kölner Polizei, sondern die Bundespolizei zuständig.
01.01.2016, 08:57 Uhr: In einer Pressemitteilung beschreibt die Kölner Polizei die Ereignisse der Silvesternacht unter der Überschrift "Ausgelassene Stimmung - Feiern weitgehend friedlich" und zieht ein positives Fazit des Jahreswechsels.
Erwähnt wird in der Mitteilung auch die Räumung des Bahnhofsvorplatzes und des Treppenaufgangs, um eine Massenpanik durch Zünden von Pyrotechnik zu verhindern. "Die Einsatzlage sei entspannt gewesen", heißt es aber in der Pressemitteilung. Von den sexuellen und kriminellen Übergriffen ist nicht die Rede.
02.01.2016, 16:58 Uhr: In einer weiteren Pressemitteilung informiert die Kölner Polizei jetzt auch über die Übergriffe. Knapp 30 Betroffene hätten Anzeige erstattet und die gleiche Vorgehensweise der Täter geschildert: "Die Geschädigten befanden sich während der Neujahrsfeier rund um den Dom und auf dem Bahnhofsvorplatz, als mehrere Männer sie umzingelten. Die Größe der Tätergruppen variierte von zwei bis drei, nach Zeugenaussagen nordafrikanisch Aussehenden bis zu 20 Personen. Die Verdächtigen versuchten durch gezieltes Anfassen der Frauen von der eigentlichen Tat abzulenken - dem Diebstahl von Wertgegenständen."
In einigen Fällen seien die Männer jedoch noch weitergegangen und hätten die Frauen unsittlich berührt. Zur Klärung der Taten sei eine Ermittlungsgruppe eingerichtet worden.
04.01.2016: Das Ausmaß der Übergriffe wird immer deutlicher. Mittlerweile sind bei der Polizei 60 Anzeigen eingegangen, ein Viertel davon wegen sexueller Übergriffe. Von einer Vergewaltigung ist die Rede. Auch andere Straftaten wie Diebstahl und Körperverletzungen sollen begangen worden sein. Die Zahl der Geschädigten steigt auf 80 Personen. Auf einer Pressekonferenz sagt Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers, es sei "völlig unerträglich", was passiert sei. Die Gewerkschaft der Polizei spricht von einer "völlig neuen Dimension der Gewalt".
05.01.2016: Im Kölner Rathaus beraten Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) und Vertreter von Bundes- und Landespolizei über Konsequenzen aus der Silvesternacht. Ergebnis: An Karneval wird die Polizeipräsenz erhöht. Zudem werden mobile Videoanlagen eingerichtet. Laut Reker gibt es keine Hinweise, dass es sich bei den Tätern um Flüchtlinge aus Kölner Unterkünften handelt. Kritik am Einsatz der Polizei weist Polizeipräsident Albers zurück und sagt, es seien ausreichend Kräfte auf dem Bahnhofsvorplatz gewesen. Die erste Einschätzung nach der Silvesternacht sei allerdings falsch gewesen.
31.3.2017: Der Düsseldorfer Landtag veröffentlicht den gut 1.000 Seiten starken Abschlussbericht. Der "Untersuchungsausschuss Silvesternacht" hatte ein Jahr lang durchleuchtet, was zur Jahreswende 2015/16 in Köln geschah. Das Ergebnis: hunderte drangsalierte, sexuell belästigte und ausgeraubte Frauen.
Bilanz nach fünf Jahren: Insgesamt mehr als 1.200 Anzeigen, 46 Gerichtsverfahren, 33 Verurteilungen. Allein rund 500 Anzeigen gingen bei der Polizei wegen sexualisierter Übergriffe ein, aber nur drei Täter wurden verurteilt.
Wirklich viel wisse man über die Vorgänge damals nicht, meint der Sozialpsychologe und Gewaltforscher Andreas Zick, der mit seinem Team die Kölner Polizei danach begleitete und beriet: "Viele Daten des Riesenberichts sind noch gar nicht ausgewertet."