Wenn man krank ist, einfach schnell beim Hausarzt durchklingeln und sich krankschreiben lassen - eigentlich eine praktische Sache. Doch diese Regelung läuft jetzt aus - wegen der entspannten Corona-Lage.
Sie war übergangsweise gedacht, als Sonderregelung. Ärztinnen und Ärzte sollten während der Pandemie entlastet werden und weniger ansteckende Menschen im Wartezimmer sitzen. Ab April muss man für den gelben Zettel nun wieder in die Praxis kommen.
Hausärzteverband: Änderung "nicht nachvollziehbar"
Das missfällt vielen - auch die Verbraucherzentrale und der Hausärzteverband üben Kritik. Die Vizechefin des Verbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, sieht durch überfüllte Praxen die Versorgung der Patienten in Gefahr. Ohne die telefonische Krankschreibung gehe es nicht mehr. Sie findet es nicht nachvollziehbar, eine Regel zu streichen, die hervorragend funktioniert habe, sagte sie gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Viele Hausarztpraxen gerieten so weiter unter Druck.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen ist dafür, die Krankschreibung per Telefon beizubehalten. Sie sei eine große Entlastung für Patienten und Praxen.
Lauterbach: "Telefonische Krankschreibung sinnvoll"
Aus der Politik kommt Unterstützung. Unter anderem von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und dem gesundheitspolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag, Janosch Dahmen.
Lauterbach sagte der dpa, er halte die telefonische Krankschreibung für sinnvoll. Darüber müsse aber der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen entscheiden. Dahmen sprach gegenüber der dpa von einer wichtigen Entlastung für Patienten und Ärzte, die sich bewährt habe.
Hausarzt hält Schritt für sinnvoll
Der Neusser Hausarzt und leitende Notarzt im Rhein-Kreis Neuss Guido Pukies hingegen sieht auch Vorteile in der Rückkehr zum Arztbesuch. "Gerade bei Atemwegsbeschwerden halte ich das mit der telefonischen Krankschreibung für problematisch", sagte er im Gespräch mit dem WDR5-Morgenecho. Seine Kollegin und er hätten in der vergangenen Woche zwei Patienten mit Atemwegsinfekten gehabt, bei denen sie im Röntgenbild eine beginnende Lungenentzündung festgestellt hätten. "Die wären mit einer telefonischen Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung wahrscheinlich unterversorgt geblieben", so Puikes.
Bei Corona & Co reicht auch weiter Griff zum Telefon
Der Unmut des Hausärzteverbandes und der Verbraucherzentralen könnte die Debatte dennoch neu entfachen. Erst mal gilt aber: Bei Halsschmerzen, Husten oder einer Erkältung muss man wieder persönlich in der Praxis vorbeischauen.
Anders sehe es bei besonders ansteckenden Krankheiten aus, sagt Christina Sartori aus der WDR-Wissenschaftsredaktion und bezieht sich auf eine Mitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Demnach ist die telefonische Krankmeldung weiter möglich, "wenn eine öffentlich-rechtliche Pflicht oder Empfehlung zur Absonderung besteht", heißt es dort. "Dies kann bei einer Infektionskrankheit wie COVID-19 oder Affenpocken der Fall sein."
Videosprechstunde als Alternative
Außerdem seien Videosprechstunden eine weitere Möglichkeit, sagt Sartori. Am besten gehe das über Apps, mit denen man in wenigen Schritten einen Termin zum Videocall vereinbaren könne. Aber Vorsicht: Nicht jede Praxis bietet solche Sprechstunden an. Und: Wenn der Arzt einen Patienten nicht kenne, könne er eine Person nur für drei Tage krankschreiben, sagt Sartori.
"Kennt mich mein Arzt, weil ich vorher schon mal persönlich in seiner Praxis gewesen bin, dann kann ich für sieben Tage krankgeschrieben werden", sagt die Wissenschaftsjournalistin. In beiden Fällen gelte aber: Eine Verlängerung der Krankschreibung, die man per Videosprechstunde erhalten habe, sei nur möglich, wenn man persönlich in die Praxis komme.
Über dieses Thema berichtet am Samstag, 01.04.2023, unter anderem das Morgenecho bei WDR 5.