Auch Deutschland setzt Corona-Impfungen mit dem Präparat des Herstellers Astrazeneca vorsorglich aus. Das Bundesgesundheitsministerium verwies am Montag auf eine Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), das Nebenwirkungen von Impfstoffen überwacht. Damit folgt das Ministerium dem Beispiel mehrerer EU-Länder.
Die PEI-Experten sehen eine auffällige Häufung einer speziellen Form von sehr seltenen Hirnvenen-Thrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen und Blutungen in zeitlicher Nähe zur Impfung mit dem Astrazeneca-Präparat.
Bislang seien sieben solcher Fälle gemeldet worden. Bei punktförmigen Hautblutungen oder starken und andauernden Kopfschmerzen sollten Geimpfte sofort zu einem Arzt gehen, sagte Gesundheitsminister Spahn.
EU-Länder stoppen Impfungen
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte sich am Freitag für den Corona-Impfstoff ausgesprochen: Sie sehe keinen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff von Astrazeneca und einem Todesfall. Bisher sind drei Todesfälle bekannt: je einer in Dänemark und Norwegen - in Österreich starb eine junge Krankenschwester an den Folgen einer schweren Gerinnungsstörung. In Italien waren einzelne Chargen nach ungeklärten Todesfällen im Zusammenhang mit der Impfung beschlagnahmt worden.
Eine ursächliche Verbindung zwischen Blutgerinnseln und dem Vakzin sei nicht zu erkennen, erklärte eine WHO-Sprecherin. Bislang sei kein Todesfall bekannt, den eine Impfung gegen Covid-19 ausgelöst haben könnte.
EU-Behörde erneuert Empfehlung am Donnerstag
Trotz Entwarnungen von WHO und EMA hatten seit Sonntagabend mehrere EU-Länder bekanntgegeben, die Impfung mit dem Vakzin zunächst auszusetzen. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA will am Donnerstag entscheiden, ob und wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Zulassung des Impfstoffes auswirken. Die WHO berät am Dienstag.
Auch die EMA hatte sich für das Präparat ausgesprochen. Sie verwies darauf, dass bisher bei den fast fünf Millionen geimpften EU-Bürgern 30 Thrombose-Fälle gemeldet wurden.
Astrazeneca weist Bedenken zurück
Astrazeneca selbst wies Bedenken gegen den Impfstoff zurück. Eine sorgfältige Analyse der Sicherheitsdaten von mehr als 17 Millionen Geimpften in der EU und Großbritannien habe keine Belege für ein höheres Risiko für Lungenembolien, tiefen Venenthrombosen und Thrombozytopenie geliefert, wie der britisch-schwedische Pharmakonzern am Sonntag mitteilte.
Eine ähnliche Aussage hatte das Unternehmen bereits am Freitag getätigt, sich da aber auf sieben Millionen Datensätze weniger berufen.
Zahlreiche Wissenschaftler, Ärzte und auch Journalisten warnten vor Panikmache. "Viele Menschen wissen gar nicht, dass sie ein erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel haben", sagt WDR-Wissenschaftsjournalistin Ruth Schulz.