Die Gesundheitsminister des Bundes und der Länder wollen allen Jugendlichen ab 12 Jahren eine Corona-Schutzimpfung ermöglichen, obwohl die Ständige Impfkommission - zumindest bislang - keine generelle Empfehlung für alle Jugendlichen abgegeben hat. Impfwilligen soll es jetzt so einfach wie möglich gemacht werden, auch wenn Aufklärung und Beratung Pflicht bleiben.
In NRW würde sich praktisch nichts ändern: Hier können sich Jugendliche bereits impfen lassen, seit gut einer Woche gibt es das Angebot auch in Impfzentren, etwa in Köln. 100 bis 300 Impfwillige kommen täglich in die Messehallen, schätzen die Organisatoren. Eckhard Dierlich ist einer der Kinderärzte, die im Kölner Impfzentrum impfen.
WDR: Kommen zu Ihnen hauptsächlich Jugendliche, die sich auch ohne Stiko-Empfehlung impfen lassen wollen? Die Jugendlichen mit Vorerkrankungen sind ja wahrscheinlich schon in den Kinderarzt-Praxen geimpft worden …
Eckhard Dierlich: Nicht alle Kinderärzte bieten Impfungen an. Die Eltern haben sich um Alternativen bemüht und sind in andere Praxen gegangen, aber sie tauchen auch hier im Impfzentrum auf.
WDR: Wie ist das bei den Jugendlichen ohne Vorerkrankungen: Mit welcher Motivation kommen die zu Ihnen ins Impfzentrum?
Dierlich: Einmal ist es die Sorge, sich selbst mit Corona zu infizieren. Das zweite ist der Gedanke an Gewinn von persönlicher Freiheit. Wenn man die öffentliche Debatte verfolgt, bekommt man ja den Eindruck, dass beispielsweise der Zutritt zu Konzerten oder ins Stadion so gestaltet wird, dass es für Menschen, die geimpft sind, leichter sein wird als für die, die sich nicht impfen lassen.
WDR: Haben die Jugendlichen denn viele Fragen zur Impfung selbst?
Dierlich: Es hängt ein bisschen vom Alter ab. Mit 12 ist eine Impfung sowieso eine eher schwierige Angelegenheit - gerade, wenn es darum geht, was im Impfstoff drin ist. Wenn die Jugendlichen dann in der Pubertät sind, wird die Nadel, mit der man impft, immer größer. Die Grundspannung ist dann ziemlich hoch. Das führt dann manchmal zu Kreislaufproblemen. Das weiß man als Kinderarzt und legt denjenigen hin und die Beine hoch, damit sich der Kreislauf wieder stabilisiert.
Ansonsten gibt es die üblichen Fragen zur Impfung und zu Langzeitfolgen. Da müssen wir sagen: Langzeiterfahrungen haben wir nicht. Wir haben aber aufgrund der wissenschaftlichen Informationen, die man als Arzt hat, das Vertrauen, dass wir die Impfung mit gutem Gewissen den Kindern und Jugendlichen empfehlen können.
WDR: Gibt es Eltern, die noch zweifeln, wenn sie mit ihren Kindern ins Impfzentrum kommen?
Dierlich: In meiner Wahrnehmung sind 80 bis 90 Prozent der Eltern überzeugt, dass sie mit der Impfung den richtigen Schritt gemacht haben. Natürlich haben sie vorab noch die ein oder andere Frage. Deswegen kommt das Prinzip hier im Impfzentrum den Menschen auch sehr entgegen: Die Kinder werden nur von Kinderärzten geimpft und der Arzt, der impft, klärt auch vorher über die Impfung auf. Bei den Erwachsenen gibt es ja eine Aufklärungs- und eine Impfkabine mit unterschiedlichen Ärzten.
Gibt es Fälle, in denen Sie dazu raten, sich nicht impfen zu lassen?
Ja, heute war eine 16-Jährige da, die im April einen positiven PCR-Test und auch Symptome hatte. Sie wollte partout geimpft werden. Das haben wir nicht empfohlen, weil der Abstand zur Erkrankung zu kurz war. Der soll ein halbes Jahr sein.
Und es war ein junger Mann, 16 oder 17 Jahre alt, da, der am Wochenende mit verschiedenen Drogen - nicht nur Alkohol - gefeiert hat. Er war definitiv noch in keinem aufgeräumten Zustand. Ich habe ihn nach Hause geschickt mit den Worten: Wir geben deinem Körper noch ein bisschen Zeit zur Regeneration. Und ich habe ihm gesagt, er solle doch in der zweiten Wochenhälfte die Finger von dem Zeug lassen und dann könne er gerne wiederkommen.
Das Interview führte Christina Höwelhans.