Jede dritte Frau in Deutschland hat mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt erlebt. Jüngste Zahlen der Kreispolizeibehörden in NRW zeigen zwar einen Rückgang um 1.050 Fälle im Vergleich zum Vorjahr, doch die Zahl der Betroffenen dürfte weitaus höher sein. Darauf lassen Anrufstatistiken bei Nottelefonen schließen.
Überlastete Frauenhäuser
Dort, wo viele Frauen Schutz suchen, ist wenig bis gar kein Platz. Das zeigen Datenauswertungen für November bis Januar von CORRECTIV.Lokal. Der WDR wertete die Daten für Februar aus. Der Gesamtauswertung nach sind Frauenhäuser chronisch überlastet. Besonders während des zweiten Lockdowns Ende vergangenen Jahres stiegen die Belegungsquoten stark an.
Insgesamt gibt es in NRW 70 Frauenhäuser. Laut Shahana Gitzen vom Verein Frauen helfen Frauen Olpe e.V. "dürften maximal 75 Prozent belegt sein, um als Schutzorte zu funktionieren". Die Datenauswertung zeigt, viele der Frauenhäuser liegen deutlich über dieser Zahl.
51 neue Plätze hat die Landesregierung in den letzten zwei Jahren geschaffen. Somit gibt es in NRW aktuell 622 Schutzplätze. Zur Erfüllung der Istanbuler-Konvention, die Standards zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen festlegt und die NRW mit ratifizierte, reicht das noch lange nicht. Die Konvention empfiehlt einen Schutzplatz pro 10.000 Einwohner. Somit fehlen in NRW noch 1.173 Plätze, um den Standard der Konvention zu erfüllen.
Frauenhäuser: Schwierige finanzielle Lage
Das Finanzierungsmodell in NRW besteht aus Fördermitteln des Landes, kommunalen Zuschüssen, Eigenmitteln der Träger sowie Tagessätzen, die Frauen pro Tag für sich und ihre Kinder zahlen müssen. Das erschwert einigen Frauen den Zugang zu Schutzräumen. Viele Träger sind auf das Sammeln von Spenden angewiesen. Ohne könnten sie sich Renovierungen oder größere Anschaffungen nicht leisten.
Um die Lage 2020 kurzfristig zu verbessern, zahlte die Landesregierung den landesgeförderten Frauenhäusern 6.000 Euro. Ina Scharrenbach, CDU, NRW-Ministerin für Gleichstellung, sagte dem WDR, dass Frauenhäuser vor allem in den größeren, kreisfreien Städten und in einigen Kreisen, wie dem Rhein-Sieg-Kreis, ausgebaut werden müssen.
Anm. der Redaktion: In einer ersten Version der Datawrapper-Grafik "Gemeldete Fälle häuslicher Gewalt" haben wir die Gesamtzahl der gemeldeten Fälle dargestellt. In der aktuellen Version haben wir die Fälle im Verhältnis pro 100.000 Einwohner berechnet.