Aus der Maskenpflicht ist die Maskenfrage geworden: Jede und jeder entscheidet selbst, ob er Mund und Nase im Unterricht bedeckt oder nicht. "Endlich kann mein Sohn die Gesichter seiner Schulkameraden sehen, ich glaube, das hat er gebraucht," sagt eine Kölner Mutter.
Lieber Maske als Quarantäne
Eine Grundschülerin erzählt, warum sie die Maske trotzdem weiter trägt: "Weil ich nicht möchte, dass die Klassenfahrt nächste Woche ausfällt. Außerdem möchte ich nicht nochmal in Quarantäne, da war ich nämlich schon mal." Und ein anderes Mädchen verrät: "Ich trage weiter meine Maske, weil ich Oma und Opa nicht anstecken will."
Der Psychologie-Professor Claus-Christian Carbon befürchtet eine große Verunsicherung bei vielen Kindern: "Wenn die Hälfte der Klasse noch eine Maske trägt und die andere Hälfte nicht, dann kommt es zu einer großen Unsicherheit, weil es keine einheitliche soziale Norm und keine Regeln mehr gibt."
Möglichst kein Gruppendruck
Eine solche Verunsicherung erlebt auch Marlies Baar, Schulleiterin an der Marienschule in Münster. "Einigen fällt es sehr schwer, die Maske abzusetzen, weil sie große Angst haben, sich anzustecken und zum Beispiel die Klausurenphase wegen Quarantäne zu verpassen."
Andere wiederum hätten große Probleme damit, dauerhaft einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Sie legt großen Wert darauf, dass das Masketragen eine individuelle Entscheidung ist und möglichst wenig Gruppendruck entsteht.
Eine Frage des Alters
"Viele Schülerinnen und Schüler fragen sich: Warum hat man das nicht im Sommer gemacht? Warum mussten wir da Maske tragen, wo die Zahlen niedrig waren und wir viel mehr Lüften konnten?" Die Schulleiterin hat beobachtet, dass Anfang der Woche nur etwa 20 Prozent der Schüler maskenlos im Unterricht waren, später dann mehr.
"Besonders die Jüngeren haben sich gefreut, die Maske abzunehmen. Bei den Älteren gab es einige Kurse, in denen die Maske trotz Impfung komplett weiter getragen wurde."
Den Psychologen Claus-Christian Carbon überrascht das nicht. Er hat wissenschaftlich untersucht, inwiefern die Maske Kinder und Erwachsene dabei einschränkt, Emotionen zu erkennen: "Das beeindruckende Ergebnis der Studie war, dass Kinder durch die Masken sogar weniger eingeschränkt sind als Erwachsene." Neun- bis Elfjährigen fiel es in einer Studie leichter, die Gefühle anderer Menschen trotz Maske richtig zu deuten, als Erwachsenen.
Kinder bewerten die Maske so wie ihre Eltern
In einer anderen Studie kam heraus, dass die Einstellung zur Maske bei Kindern vor allem von der Einstellung der Eltern zur Maske abhängt. Sein Fazit: "Wir müssen selektiv sein: Wenn es um Aussprache-Probleme geht, sollte man es Kindern und Lehrkräften zum Beispiel ermöglichen, die Maske auch mal abzusetzen." Dafür könne man ja kreative Lösungen finden, etwa mit Hilfe von Plexiglas-Scheiben.