Die Lehrerverbände sind empört; Die Lehrer stünden doch jeden Tag in der Klasse, sollen aber erst an dritter Stelle – also irgendwann zur Jahresmitte – geimpft werden. Der Ärztepräsident ist entsetzt; auch niedergelassene Ärzte sind nicht in der höchsten Prioritätsstufe.
"Warum muss meine krebskranke Tochter noch so lange mit der Infektionsgefahr leben", fragt ein besorgter Vater. Und die unschönste Debatte kommt erst noch – sie nimmt gerade Fahrt auf: Wieso eigentlich sollen Obdachlose und Flüchtlinge in den Asylbewerberheimen schon in der zweiten Stufe, also mit „hoher Priorität“ geimpft werden, Erzieherinnen in den Kitas und Feuerwehrleute, die tagtäglich einen harten Job an der Alltagsfront machen, aber erst deutlich später?
Alle zuerst geht nicht
Ehrlich, ich verstehe das. Wirklich. Ich verstehe jeden dieser Blickwinkel: Den der Lehrer, der Ärzte, die Sorge der Menschen, die sich täglich um schwerkranke Angehörige kümmern; ich verstehe sogar, dass Menschen irritiert reagieren auf die Priorisierung der Asylbewerber.
Stefan Lauscher, WDR Landespolitik
Aber alle zuerst geht nun mal nicht. Und die jetzt festgelegte Impf-Reihenfolge ist auch keine Liste, wer wichtig ist in diesem Land und wer vielleicht weniger. Sondern die Priorisierung folgt schlicht zwei entscheidenden Fragen: Wer ist gesundheitlich am stärksten gefährdet? Und wo ist die Ansteckungsgefahr mutmaßlich am größten?
Und da ist es nun mal eine Tatsache, dass eine Infizierung bei alten und geschwächten Menschen häufig zum Tod führt, beim gut trainierten 40-jährigen Feuerwehrmann aber eher nicht. Und dass im Asylbewerberheim, in dem Flüchtlinge 24 Stunden am Tag auf engstem Raum zusammenleben müssen, die Ansteckungsgefahr größer ist als im Klassenzimmer.
Die Ständige Impfkommission gibt's vor
Die Landesregierung mit Ministerpräsident Laschet und Gesundheitsminister Laumann hat klargestellt: Wir werden dieser vom Bund heute verordneten Prioritätenliste exakt folgen. Das finde ich richtig. Und die Vorstellung, jedes Bundesland könnte das doch auch für sich entscheiden, darüber möchte ich nicht einmal nachdenken.
Weniger Egoismus, mehr Mitmenschlichkeit
Der Impfstoff ist endlich da. Freuen wir uns darüber, es kann nur besser werden. Aber jetzt bitte nochmal am Riemen reißen: Nachdenken, bevor man allen anderen Akteuren Ahnungslosigkeit vorwirft. Nicht nur die eigene Betroffenheit sehen, sondern auch mal die der anderen. Und vielleicht mal ein bisschen weniger Egoismus und ein bisschen mehr Mitmenschlichkeit. Gerne auch noch nach Weihnachten.