Die Videoplattform TikTok gehört bei Kindern und Jugendlichen zu den beliebtesten Apps überhaupt – und steht gleichzeitig massiv in der Kritik, insbesondere was mangelnden Schutz vor schädlichen Inhalten auf der Plattform und mangelnde Kontrolle betrifft. Viele Experten werfen der Plattform vor, Minderjährige regelrecht in eine Abhängigkeit von kurzen Videos zu treiben.
Doch jetzt reagiert der chinesische Betreiber mit neuen Sicherheitsfunktionen speziell für Eltern. Diese können ihren Kindern nun gezielte Auszeiten vorschreiben – und sogar eine komplette Ruhezeit ab 22 Uhr einstellen.
Neue Schutzfunktionen sollen Eltern Kontrolle geben
Unter dem zunehmenden Druck durch Eltern, Pädagogen und Jugendschützer erweitert TikTok ab sofort auch in Deutschland die Sicherheitsfunktionen. Ziel soll sein, Jugendlichen und Kindern eine Pause von der ständigen Nutzung der App zu verschaffen.
Eltern bekommen mehr Einstellmöglichkeiten: Sie können nun zum Beispiel individuell verbindliche Ruhezeiten festlegen. Besonders im Fokus steht dabei eine automatische Auszeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens – während dieser Zeit bleibt die App für die Kids gesperrt. Sie können die App zwar starten, aber weder Videos anschauen, selbst Videos hochladen oder mit anderen chatten. Die App ist in dieser Zeit deaktiviert – wenn die Eltern das wollen.
Herausforderungen für Eltern im digitalen Zeitalter
Dass eine solche Funktion notwendig geworden ist, zeigt, wie schwierig es für Eltern heutzutage geworden ist, die Mediennutzung ihrer Kinder angemessen zu steuern. Viele Eltern berichten von regelmäßigen Diskussionen oder sogar Konflikten zu Hause, wenn es um das Thema Bildschirmzeit geht – und die Einstellmöglichkeiten in den mobilen Betriebssystemen iOS und Android sind nicht ausreichend flexibel, um detaillierte Einschränkungen für eine App festzulegen.
Viele Jugendliche nutzen TikTok oft stundenlang und verlieren dabei schnell jedes Zeitgefühl. Experten warnen, dass dies langfristig negative Folgen wie Konzentrationsschwierigkeiten, gestörte Schlafrhythmen oder sogar depressive Verstimmungen haben könnte.
Neue Sicherheitsfunktionen
Die neuen Sicherheitsfunktionen von TikTok bieten hier nun erstmals eine praktische Möglichkeit, diese Konflikte – zumindest etwas – zu entschärfen. Eltern können jetzt klare und verbindliche Regeln festlegen, was in vielen Familien Erleichterung bringen dürfte.
Gleichzeitig wird jedoch deutlich, wie wichtig es ist, die Nutzung solcher Kontrollinstrumente offen und gemeinsam mit den Kindern zu besprechen. Denn nur durch gegenseitiges Verständnis und Einvernehmen lassen sich diese Regeln langfristig und konfliktfrei umsetzen.
Schritt-für-Schritt: So richten Eltern die neue Funktion ein
Und so sollten Eltern vorgehen, wenn sie die neue Kontrollmöglichkeit in TikTok nutzen wollen: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.
1. TikTok auf beiden Geräten installieren:
• TikTok sowohl auf dem eigenen Smartphone als auch auf dem Gerät des Kindes einrichtenn – aber unbedingt die aktuelle Version.
2. "Begleiteter Modus" aktivieren:
• Die TikTok-App auf dem eigenen Gerät starten.
• Zu „Einstellungen und Datenschutz“ navigieren (drei horizontale Linien in der oberen rechten Ecke).
• Die Funktion „Begleiteter Modus“ auswählen.
• Nun wird ein QR-Code angezeigt.
3. Geräte verbinden:
• Nun die TikTok-App auf dem Gerät des Kindes starten.
• Dort mit der App den QR-Code scannen.
• Dadurch werden die Geräte verbunden, das Kind stimmt der Regulierung seiner Nutzung zu.
4. Auszeit einrichten:
• Nachdem der begleitete Modus aktiviert ist lässt sich festlegen, wann genau das Kind Pausen einlegen soll.
• Nun lassen sich individuelle Zeitpläne erstellen, die auf das Familienleben zugeschnitten sind.
• Beispielsweise können Eltern festlegen, dass ihr Kind unter der Woche nur 30 Minuten auf TikTok verbringen darf, am Wochenende jedoch länger.
5. Anpassung der Auszeit:
• Das Kind oder der Jugendliche kann die Eltern in der App jederzeit um Erlaubnis bitten, den Zeitplan anzupassen oder die Auszeit temporär aufzuheben (etwa in Ferienzeiten).
• Eine solche Anpassung erfordert immer die ausdrückliche Zustimmung der Eltern.
6. Einschlafhilfe aktivieren:
• Ab 22 Uhr wird automatisch die Einschlafhilfe “Wind Down” aktiviert, die Jugendliche dazu ermutigt, den Abend zu beenden und sich auf den Schlaf zu konzentrieren.
7. Überwachung und Anpassung:
• Eltern sollten regelmäßig die Nutzung ihres Kindes überwachen und die Einstellungen bei Bedarf anpassen.
Diese Schritte helfen Ihnen, die Nutzung von TikTok durch das Kind sicherer und gesünder zu gestalten.
Ist die „Family Pairing“-Funktion erst einmal eingerichtet, endet der tägliche TikTok-Konsum zu der festgelegten Zeit automatisch. TikTok erhofft sich, dass Jugendliche dadurch weniger Schlafmangel riskieren und insgesamt einen verantwortungsvolleren Umgang mit digitalen Medien erlernen.
Hintergründe der Neuerung: Studien zeigen deutliche Risiken
Die Notwendigkeit der neuen Schutzmaßnahmen ergibt sich aus zahlreichen Studien und Beobachtungen von Experten, die einen besorgniserregenden Trend erkennen.
Laut einer Studie der Universität Hamburg verbringen Jugendliche täglich durchschnittlich drei bis vier Stunden allein auf sozialen Plattformen wie TikTok – Tendenz steigend. Besonders kritisch wird dabei das endlose Scrollen durch kurze, stimulierende Videos betrachtet, das schnelle Dopamin-Kicks verspricht und dadurch eine Art Abhängigkeit erzeugen kann.
Kinderpsychologen warnen, dass der übermäßige Medienkonsum, besonders in den Abendstunden, die Schlafqualität erheblich beeinträchtigen und langfristig zu gesundheitlichen und psychischen Problemen führen kann. Die Folgen sind unter anderem schlechtere schulische Leistungen, erhöhte Reizbarkeit und eine insgesamt geringere Belastbarkeit im Alltag.
Offener Dialog zwischen Eltern und Kindern ist entscheidend
Trotz aller hilfreichen Kontrollmöglichkeiten betonen Pädagogen und Psychologen, wie wichtig es ist, dass Eltern die Nutzung dieser Funktionen nicht autoritär durchsetzen, sondern mit ihren Kindern in einem offenen Gespräch verhandeln. Der Dialog sollte darauf abzielen, den Jugendlichen die Gründe für diese Maßnahmen verständlich zu machen. Es geht darum, ein Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien zu schaffen, anstatt Verbote auszusprechen, die ohne Einsicht eher auf Widerstand stoßen.
Experten empfehlen Eltern, idealerweise gemeinsam mit ihren Kindern klare Abmachungen zu treffen und auch regelmäßig über die Auswirkungen der Mediennutzung zu sprechen. Das kann langfristig helfen, das Vertrauen zwischen Eltern und Kindern zu stärken und ermöglicht den Jugendlichen, Verantwortung für ihr eigenes Verhalten im digitalen Raum zu übernehmen.
Die neuen Sicherheitsfeatures von TikTok sind ab sofort verfügbar und können direkt genutzt werden.
Unsere Quellen:
- Tiktok
- Christian Montag, Medienexperte
- Studie der DAK-Gesundheit und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf
- Lars Timmermann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie