Lesen ermöglicht das Eintauchen in eine andere Welt, es erweitert den Horizont und vermittelt neue Perspektiven. Vor allem kleine Kinder müssen aber an Bücher & Co. erst herangeführt werden – und das geschieht in aller Regel, wenn Eltern ihnen Texte vorlesen oder sie gemeinsam Bilderbücher betrachten.
Doch es gibt Mütter und Väter, die ihren Kindern nur selten oder nie etwas vorlesen. Die Stiftung Lesen will das ändern – und initiiert seit inzwischen 20 Jahren gemeinsam mit der Zeitung "Die Zeit" und der Deutschen Bahn den bundesweiten Vorlesetag, immer am dritten Freitag im November. Heute ist es wieder soweit: Landauf, landab gehen Vorleseaktionen in Kitas, Schulen und Bibliotheken über die Bühne. Das Ziel: bei Kindern die Lust auf Bücher wecken und Eltern zum Nachahmen anregen.
Ein Fünftel der Eltern liest gar nicht vor
Laut dem Vorlesemonitor der Stiftung Lesen verzichtet fast ein Fünftel der Befragten vollständig auf gemeinsame Lesezeit. An der jährlichen Befragung zum Vorleseverhalten in Familien hatten sich 2024 von Mitte Mai bis Mitte Juni insgesamt 815 Eltern von Ein- bis Achtjährigen beteiligt.
Eines der Probleme: Eltern, die nicht vorlesen, können nach eigenen Aussagen seltener einschätzen, ob ihr Kind Schwierigkeiten mit dem Lesen-Lernen hat. Dadurch erhalten sie womöglich auch nicht die nötige Unterstützung. "Es darf nicht sein, dass der Bildungserwerb abhängig davon ist, ob die eigenen Eltern unterstützen können", kritisiert Jörg Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen. Zu einer Verbesserung der Situation könnten freiwillig Engagierte beitragen, die Kindern ehrenamtlich vorlesen. Zum Beispiel in Kitas.
Vorlesen hat viele Vorteile
Übers Vorlesen kämen Kinder früh mit der Sprache und Sprachvariationen in Berührung, sagt die Leiterin der Oldenburger Stadtbibliothek, Heike Janssen. Weitere Vorteile für sie:
- Kinder entwickelten einen größeren Wortschatz, der die Grundlage für Sprach- und Lesekompetenz ist.
- Das Konzentrationsvermögen werde gefördert.
- Vorlesen wecke die Motivation, selbst zu lesen.
Warum Eltern ihren Kindern nicht vorlesen
Die Gründe, warum manche Eltern nicht oder nur selten gemeinsam mit ihren Kindern zu einem Buch greifen, sind laut Vorlesemonitor vielfältig. Neben Stress und fehlender Zeit im Alltag nannten die Befragten, dass ihre Kinder nicht vorgelesen bekommen wollten, zu unruhig seien oder sich lieber mit anderen Dingen beschäftigten.
Tipps fürs Vorlesen
Und wie kann es gelingen, dass Kinder fasziniert zuhören? Regina Münch weiß, wie gutes Vorlesen geht – schließlich gehört sie zum Team der Sprecherinnen und Sprecher beim WDR. Ihr Tipp: Wer gut und fesselnd vorlesen möchte, sollte den Text gut kennen, bevor er laut vorgelesen wird. Das bedeutet: "Man sollte den Text idealerweise vorher lesen, sich markieren, wo man das Sprechtempo steigern und wo man Pausen machen könnte", sagt sie. Derart gut vorbereitet könne man dann dafür sorgen, dass das Zuhören Spaß macht.
5 weitere Tipps:
- Tipp 1: Langsam und deutlich sprechen.
- Tipp 2: Blickkontakt mit den zuhörenden Kindern suchen.
- Tipp 3: Mit Mimik, Stimme und Gestik einzelne Textstellen hervorheben und dabei Gefühle zum Ausdruck bringen.
- Tipp 4: Kinder einbeziehen, indem der oder die Vorlesende Fragen stellt.
- Tipp 5: Auf Reaktionen der zuhörenden Kinder achten und darauf eingehen.
Unsere Quellen:
- Vorlesemonitor 2024 der Stiftung Lesen
- Nachrichtenagentur epd
- Regina Münch, Mitglied im Team der Sprecherinnen und Sprecher beim WDR
- Landesbildungsserver Baden-Württemberg