"Das ist dann wie fünf nach zwölf bei Silvester: 20 Sekunden wird’s wohl dauern, bis alles explodiert ist." Jens Hofmann vom Gütersloher Abbruchunternehmen Hagedorn sorgt für kurze Stille in der eiskalten Montagehalle. Die 200 geladenen Nachbarn wohnen im Sicherheitsbereich rund um das Kraftwerk. Viele haben die Kohle für das Kraftwerk als Kumpel der benachbarten Zeche noch selbst aus der Tiefe gefördert, kennen den Umgang mit Sprengstoff. Aber 500 Kilogramm Sprengstoff, zwanzig Sekunden Explosionsgewitter – das ist eine neue Dimension.
Kesselhaus wird am Sonntag gesprengt
Am Sonntag, 9. März, um 11 Uhr wird das Kesselhaus gesprengt. 120 Meter hoch, soll der Koloss wie ein wackeliger Stuhl zu Boden gehen. So der Plan von Sprengmeister Andrè Schewcow. In den Gesichtern der Kraftwerks-Anwohner ist Skepsis, aber auch Zustimmung. "Die werden das schon richtig machen", so der Tenor.
Leben im Schatten des Kraftwerks
Sie kennen sich auf dem Ibbenbürener Schafberg, vom gemeinsamen Leben im Schatten des Kohlekraftwerks. Doch die weit sichtbare Landmarke ist bald Geschichte: zu Gunsten der Klimawende 2021 vorzeitig stillgelegt - nachdem RWE noch viele Millionen Euro in die Modernisierung gesteckt hatte. Aber "Weiterbetrieb mit billiger Importkohle bis 2038", das hat sich erledigt. Das Kraftwerk macht Platz für einen riesigen Konverter. Der macht dann Windstrom aus der Nordsee zu Haushaltsstrom für NRW-Haushalte.
"Das ist dann wie fünf nach zwölf bei Silvester: 20 Sekunden wird’s wohl dauern, bis alles explodiert ist." Jens Hofmann, Abbruchunternehmen Hagedorn
Sprengung als Event
![Kraftwerk Ibbenbüren | Bildquelle: Christian Schweitzer Kraftwerk Ibbenbüren](/nachrichten/kraftwerk-ibb-100~_v-ARDAustauschformat.jpg)
Die Anwohner werden an dem Sonntag früh mit Taxis abgeholt, zur Eventfläche auf dem Kraftwerksgelände gebracht. Die Sprengung soll auch gefeiert werden. Die Räumung der Asylbewerberunterkunft (ZUE) im Schatten des Kühlturms ist dann schon abgeschlossen. Die mehreren hundert Asylbewerber werden vorübergehend in einer Turnhalle untergebracht.
Asbest im Kühlturm
Der Kühlturm soll am 9. März, eine Stunde nach dem gesprengten Kesselhaus, zu Boden gehen. Nachdem Stahlseile ihm quasi die Füße weg gerissen haben. "Der wird nicht gesprengt, weil sonst Asbest freigesetzt würde", erklärt Jens Hofmann vom Abbruchunternehmen Hagedorn den Wechsel zum Abriss ohne Sprengstoff. "Aber das wird trotzdem spektakulär, nur ohne Explosionsknall."
Schäden übernimmt die Abbruchfirma
"Und was ist mit den Erschütterungen im Boden?", fragt ein besorgter Anwohner. Die Antwort ist in einem roten Koffer verpackt. "Das sind Erschütterungsmessgeräte. Davon werden wir 20 in Gebäuden im gesamten Sperrbereich verteilen." Sollten die Messgeräte dann doch stärker ausschlagen, als erwartet, sollen sie die Regulierung möglicher Bauschäden vereinfachen. "Die Schäden übernimmt dann Hagedorn", so der Chef der Abbruchsparte.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Abbruchunternehmen Hagedorn, Gütersloh