Seit bald fünf Monaten war der Kreis Minden-Lübbecke ohne hauptamtlichen Landrat oder hauptamtliche Landrätin. Am kommenden Sonntag wird endlich gewählt. Doch von einer großen Wahlbeteiligung geht selbst die Politik nicht aus. Kein Wunder: so manche Wahlberechtigte wissen gar nicht Bescheid, erfährt man etwa in der Mindener Einkaufszone: „Nein, weiß ich nicht“ oder „Ich glaube, das ist die Landtagswahl“.
CDU-Kandidat Schrader arbeitet bereits im Kreishaus
Dabei wird der Landrat diesmal für über sieben Jahre, bis 2030, bestimmt und muss die Weichen für nicht unbedeutende Dinge stellen. Der Ausbau von Mobilität und Digitalisierung stehen an, sagt CDU-Kandidat Jörg-Michael Schrader, der seit sechs Jahren als Kämmerer und Dezernent im Kreishaus sitzt: „Das Thema Fachkräftemangel drückt uns auch in der Verwaltung. Wir müssen im Personal und in der Organisation Veränderungen vornehmen.“
Wie, ist noch nicht ganz klar. Fest entschlossen scheint der 50-Jährige aber zu sein, die Zahl der Kliniken im Kreis zu verringern: „Das heißt, dass wir die Standorte, die wir zur Zeit in Rahden, Lübbecke, Bad Oeynhausen und Minden haben, von fünf auf drei reduzieren wollen.“ Das habe der Kreistag auch so beschlossen. Aber: „Entschieden ist an der Stelle in der Tat noch nichts.“
Ali Dogan von der SPD ist auch Verwaltungsexperte
Das Thema ist brisant. Das weiß auch SPD-Herausforderer Ali Dogan. Der gebürtige Herforder ist Dezernent in Sankt Augustin, war auch schon kommunalpolitisch aktiv und würde gern nach OWL zurückkehren. Er greift die Unruhe auf, die bei vielen angesichts der Klinikpläne herrscht: „Ich möchte das Projekt nochmal auf links drehen und überlegen, ob wir ein finanziell stemmbares Projekt auf die Kette bekommen.“
Der 40-Jährige sieht gleichzeitig anderes als wichtig an: „Mehr Kitaplätze, digitalisiertere Schulen, mehr ambulante und stationäre Pflegeplätze, eine aufsuchende Pflegeberatung und bezahlbarer Wohnraum auch im ländlichen Raum.“ Ob er sich aber in einem Kreistag durchsetzen kann, in dem CDU und Grüne kooperieren und die Mehrheit haben? „Ich werde bei den Themen um Mehrheiten werben.“
AfD-Politiker Röckemann kandidiert zum zweiten Mal
Eher aussichtslos wird das Rennen wohl für den AfD-Politiker Thomas Röckemann sein. Bei der letzten Landratswahl erhielt der 58-Jährige 6,8 Prozent. Alles über zehn wäre ein Erfolg, sagt der Anwalt und Ex-Polizist, dem der Verfassungsschutz in NRW Nähe zu rechtsextremem Publikum bescheinigt hat: „Wer nicht kämpft, hat schon gleich verloren.“
Der ehemalige AfD-Landesvorsitzende und Ex-Landtagsabgeordnete will mit der Kandidatur zeigen, dass seine Partei noch da sei. Und er will auch innerparteilichen Gegnern seine Stärke beweisen. Schwerpunktthemen habe er nicht, alles sei wichtig: „Das Tagesgeschäft wird einem zugetragen. Und dann wird es abgearbeitet.“
Wenn am 15. Januar aber noch keiner der Kandidaten über 50 Prozent erhält, muss erneut gewählt werden. Dann steht am 29. Januar eine Stichwahl zwischen den zwei besten an.