Hannelore Herzog schämt sich ein bisschen für das Chaos in der Wohnung: Überall stehen Kisten herum, Lampenschirme liegen auf dem Boden, in Wolldecken verpackte Bilderrahmen lehnen an der Wand. Mit ihrem kranken Rücken schafft die 82-Jährige es aber nicht, die Kartons auszupacken. Zumal sie hier eigentlich gar nicht sein will.
Wegen Sanierung musste sie raus
Im Mai 2023 hatte sie erfahren, dass ihr bisheriges Mietshaus verkauft wurde und umfangreiche Sanierungen geplant seien, für vier Monate: Die Anwältin des Vermieters hatte ihr das schriftlich mitgeteilt:
"Insofern ist ein Verbleib für diese umfassende Sanierung in der Wohnung in diesen 4 Monaten ohnehin keinesfalls möglich, so dass Ersatzwohnraum von Ihnen (…)zu beziehen wäre.“
Sie war die letzte Mieterin
Der Vermieter habe ihr zwar eine andere Wohnung angeboten, aber zu weit außerhalb, weg von ihrem Heimat-Viertel, erzählt Hannelore Herzog. Was dann passiert sein soll, schildert sie so: „Ich war die letzte Mieterin, und dann hat er das so mit Druck nachher erzwungen, dass ich ausziehen musste“. Der Vermieter habe sie an die Straßenecke bestellt und gesagt: „Morgen früh um 9 Uhr ist der Umzugswagen da, und dann ziehen Sie aus!“
Wir haben den Vermieter und seine Anwältin kontaktiert, haben aber auf unsere Fragen keine Antworten bekommen. Nur so viel, dass die Ausführungen von Frau Herzog unrichtig seien.
Methoden werden immer rauer
Die 82-Jährige, ehemalige Polizeiangestellte hat sich an Volker Jaks vom Mieterverein in Münster gewandt. Er kennt viele andere Geschichten von Mieterinnen und Mietern, die wegen Sanierungsmaßnahmen ausziehen mussten. Die Methoden würden generell immer rauer, um die Menschen zum Auszug zu bewegen, manchmal sogar „mit einer gewissen Körperlichkeit, um es vorsichtig anzudeuten“, sagt er.
Oft gebe es Drohungen, dass es keinen Strom und kein Wasser geben wird und dass die Mieter in Ersatzunterkünfte umziehen müssten, auch mehrfach. Hannelore Herzog jedenfalls kann sich nicht gut mit der Situation abfinden. Sie vermisst ihre alte Wohnung, ihre eigene Küche und die Badewanne.
Ich fühle mich hier nicht zu Hause, glauben Sie mir. Hannelore Herzog, Mieterin
Der Mietvertrag für ihre alte Wohnung ist nach Angaben des Mietervereins nach wie vor gültig. Aber wann sie wieder dorthin zurückkehren kann, ist völlig offen.
Quellen:
- Interview mit Mieterin und ihr Schriftverkehr mit dem Vermieter
- Mieterverein Münster und Umgebung
- WDR-Reporterin vor Ort