Prozessauftakt wegen Totschlags in Bad Oeynhausen: 20-Jähriger getötet
Lokalzeit OWL. 17.12.2024. 05:46 Min.. Verfügbar bis 17.12.2026. WDR. Von Oliver Köhler.
Prozessauftakt wegen Totschlags in Bad Oeynhausen: 20-Jähriger getötet
Stand: 17.12.2024, 18:01 Uhr
Für die brutale Gewalttat gegen Philippos Tsanis müssen sich ab Dienstag drei junge Männer vor dem Landgericht Bielefeld verantworten.
Von Steven Hartig
Vor einem halben Jahr wurde in Bad Oeynhausen der 20-jährige Philippos Tsanis totgeprügelt. Heute hat am Landgericht Bielefeld der Prozess gegen zwei 19-jährige Deutsche und den mutmaßlichen Haupttäter, Mwafak Al S., einen 18-jährigen Syrer aus Bad Oeynhausen begonnen.
Gewalttat am Rande eines Abiballs
Als Philippos Tsanis Ende Juni den Abiball seiner Schwester feiern will, kommt es zu der brutalen Gewalttat. Ein junger Syrer schlägt und tritt im Kurpark von Bad Oeynhausen in der Nacht auf den 23. Juni 2024 brutal auf ihn ein. Zwei Tage später stirbt Philippos Tsanis im Krankenhaus.
Zu der Begegnung kam es offenbar zufällig, die Schläge und Tritte treffen Tsanis unerwartet. Welches Motiv den Hauptangeklagten antrieb, ist noch völlig unklar.
Anklage am Bielefelder Landgericht verlesen
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Totschlag vor, seinen beiden mutmaßlichen Begleitern gemeinschaftliche Körperverletzung. Heute, am ersten Prozesstag, hat sie die genaue Anklage verlesen.
Von links nach rechts: Staatsanwalt Christoph Mackel, Nebenkläger-Anwalt Thorsten Grotjohann, Joanna Steinmann Glogowski, Mutter des getöteten Philippos
Für die Mutter des getöteten Philippos war es heute die erste Konfrontation mit dem mutmaßlichen Haupttäter. Am Dienstagmorgen war sie deshalb sichtlich nervös, erzählte, sie habe ein schlechtes Gefühl und heute Nacht nicht schlafen können. Der 18-jährige syrische Hauptangeklagte wirke auf sie eher "arrogant", so die Mutter.
Sie möchte an jedem Verhandlungstag des Prozesses teilnehmen. Sie wolle den Schritt machen, um für ihren Sohn da zu sein, sagte sie am Dienstag. Ihre Tochter, die sie eigentlich zum Prozess begleiten wollte, blieb zu Hause, weil die Umstände zu aufwühlend seien.
Verteidiger kündigt Stellungnahme an
Der Strafverteidiger des Hauptangeklagten kündigte unterdessen an, dass sich sein Mandant Anfang Februar umfassend zu den Vorwürfen und seiner teils kriminellen Vorgeschichte äußern würde. Am Dienstag sagte er über seinen Mandanten: "Ich glaube, man darf nicht den Fehler machen und ihn schon in die hochkriminelle Ecke stecken. Er ist sicherlich nach seiner bisherigen Vita kein jugendlicher Intensivstraftäter."
Falls er wegen seines Alters nach Jugendstrafrecht verurteilt wird, drohen ihm dafür bis zu zehn Jahre Haft. Seinen beiden deutschen Begleitern wirft die Staatsanwaltschaft unter anderem gemeinschaftliche Körperverletzung vor.
Kriminelle Vergangenheit
Der junge Syrer, der 2016 im Rahmen eines Kindesnachzugs nach Deutschland kam, war seitdem wegen mehrerer Straftaten in Baden-Württemberg auffällig geworden. Vor allem Raub, Diebstähle und Drogendelikte sollen auf sein Konto gehen. Vor einem Jahr zog Mwafak Al S. mit seiner Familie nach Bad Oeynhausen. Auch dort beging er Straftaten.
Über seine kriminelle Vergangenheit wurden die Behörden in NRW aber offenbar nicht informiert. Als der heute 18-Jährige im Oktober 2023 von Pforzheim in Baden-Württemberg nach Bad Oeynhausen zog, erhielten dort weder die Polizei noch das Ausländeramt Erkenntnisse über seine Vergangenheit. "Wir hatten keine Informationen", sagt der Landrat des Kreises Minden-Lübbecke Ali Doğan (SPD) dem WDR.
Um Schuld oder Unschuld der Angeklagten zu klären, hat das Landgericht Bielefeld bis in den Mai 19 Prozesstage angesetzt.
Unsere Quellen:
- Landrat Kreis Minden-Lübbecke
- Staatsanwaltschaft Bielefeld
- Landgericht Bielefeld
- Eigene Recherche
- WDR-Reporter vor Ort