Am 23. April 2005 stellte Jawed Karim, 1979 in Merseburg in der damaligen DDR geboren und damals noch Student in den USA, als einer der Mitgründer von Youtube ein völlig unspektakuläres Video auf der neuen Plattform online - das erste Video auf Youtube überhaupt: "Me at the zoo" (wörtlich: "Ich im Zoo") zeigt ihn vor einem Elefantengehege im Zoo von San Diego.
Die Aufnahmen sind wackelig, der Inhalt belanglos - und dennoch schrieb dieses 19-sekündige Video Internetgeschichte. Es war der Anfang einer neuen Entwicklung, die die Medienwelt grundlegend verändert hat. Youtube war geboren.
Übersetzt heißt "Youtube" so viel wie "Du sendest" oder "Dein Kanal" - "You" steht für den Nutzer selbst, "Tube" ist englischer Slang für "Röhre", also Fernseher. Youtube hat das Monopol des Fernsehens gebrochen. Plötzlich konnte zumindest theoretisch jeder vor die Kamera und eigene Inhalte "senden" - im Netz.
Vom Hobbyprojekt zum Milliardenkonzern
Was als kleine Plattform für Hobbyfilme begann, weckte schnell großes Interesse. Bereits im November 2006 - kaum anderthalb Jahre nach dem ersten Upload - kaufte Google Youtube für rund 1,65 Milliarden US-Dollar. Eine Summe, die damals als enorm galt, sich aber längst als eine der besten Investitionen der Tech-Geschichte herausgestellt hat.
Heute ist Youtube die zweitmeistbesuchte Webseite überhaupt. Nutzer laden jede Minute (!) mehr als 500 Stunden Videomaterial auf Youtube hoch. Täglich schauen sich Menschen weltweit über eine Milliarde Stunden Videos an. Rund 2,7 Milliarden Nutzerinnen und Nutzer greifen monatlich auf die Plattform zu - Tendenz steigend.
Einzelne Videos wie "Gangnam Style" des sükoreanischen Künstlers Psy wurden bereits über 4,4 Milliarden Mal angeschaut. Mittlerweile kein Einzelfall mehr: Insbesondere Musikvideos bringen es oft auf neunstellige Abrufzahlen.
Das war in den Anfangstagen nicht abzusehen. In den ersten Tagen von Youtube mussten die Videos noch mit speziellen Digitalkameras aufgenommen und aufwändig bearbeitet werden. Damals waren Smartphones noch nicht mit eingebauter Kamera ausgerüstet.
Eben diese Entwicklung hat zu einem Boom der Video-Inhalte geführt: Wer seine Kamera mit dem Smartphone immer dabei hat, kann auch jederzeit Inhalte drehen - und online stellen.
Youtube und die Geburt der Influencer
Youtube hat nicht nur die Art verändert, wie wir Medien konsumieren, sondern auch, wer Inhalte produziert. Die Plattform war der Geburtsort der ersten "Influencer" - Menschen, die sich mit kreativen Inhalten eine eigene Fangemeinde aufbauten und schließlich davon leben konnten.
Heute verdienen weltweit Millionen Menschen Geld auf Youtube - sei es durch Werbeeinnahmen, Sponsoring, Merchandise oder exklusive Inhalte. Allein in Deutschland gibt es laut Schätzungen über 35.000 Kanäle, die mit Youtube-Partnerprogrammen oder ähnlichen Modellen regelmäßig Einnahmen erzielen.
Und längst geht es nicht mehr nur um Schminktipps oder Gaming-Videos: Erfolgreiche Youtuberinnen und Youtuber kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen.
Ein Beispiel dafür ist der Kanal "Wurzelwerk". Dort dreht sich alles um Garten, Pflanzen und Selbstversorgung. Gründerin Kati hat es geschafft, mit Leidenschaft und Fachwissen ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen: Sie beschäftigt inzwischen rund 20 Mitarbeiter - alles auf Grundlage ihres engagierten Youtube-Kanals.
Technologischer Vorreiter
Youtube war auch technologisch oft einen Schritt voraus. Schon früh experimentierte die Plattform mit neuen Formaten und Standards: HD-Videos wurden 2008 eingeführt, 4K-Inhalte folgten 2010. Später kamen sogar 8K-Videos und erste 3D-Experimente hinzu. Inzwischen unterstützt die Plattform auch VR-Inhalte und Livestreams in höchster Qualität.
Während andere Plattformen wie TikTok oder Instagram eher auf schnelle, kurze Clips setzen, entwickelt sich Youtube zunehmend zu einer Plattform für längere Inhalte. Vor allem sogenannte "How-to"-Videos sind auf Youtube populär: Tutorials, Hintergrundberichte, Dokumentationen und ausführliche Erklärvideos sind gefragt wie nie.
Der Fernseher wird immer wichtiger
Ein besonders spannender Trend zeichnet sich vor allem in den USA ab: Dort schauen immer mehr Nutzer Youtube nicht mehr auf Smartphone oder Laptop, sondern auf dem Fernseher. Laut internen Statistiken entfällt in den USA inzwischen mehr als die Hälfte der gesamten Youtube-Viewing-Time auf TV-Geräte. Es wird also mehr Youtube auf dem Fernseher im Wohnzimmer geschaut als auf dem Mobilgerät.
Ein Wandel, der auch in Europa bereits spürbar ist und sich weiter verstärken dürfte. Youtube ersetzt damit für viele klassische TV-Formate - insbesondere im Bereich Information, Bildung und Unterhaltung. Denn Youtube habe die Menschen daran gewöhnt, sich jederzeit das anschauen zu können, wonach ihnen gerade ist, was sie aktuell interessiert.
Die Plattform wird zum Wohnzimmer-Medium. Darauf stellen sich aber auch viele "Creator" ein, wie professionelle Inhalteanbieter auf Youtube genannt werden. Sie produzieren immer professioneller, manche Videos werden so aufwändig produziert wie Fernsehsendungen. Von einer Hobby-Plattform kann kaum noch eine Rede sein.
WDR auf Youtube
Auch der WDR ist auf Youtube aktiv. Mit Angeboten wie WDR aktuell, dem Hauptkanal WDR, dem jungen Formatenetzwerk funk oder Klassikern wie "Die Sendung mit der Maus" erreicht der WDR unterschiedliche Zielgruppen - vom Kind bis zum Erwachsenen. Viele Inhalte werden speziell für die Plattform hergestellt oder aufbereitet: kompakt, visuell ansprechend und für die mobile wie auch für die TV-Nutzung optimiert.
Youtube bietet auch öffentlich-rechtlichen Anbietern die Chance, neue Wege der Verbreitung zu nutzen und jüngere Zielgruppen dort zu erreichen, wo sie sich ohnehin aufhalten.
Youtube ist gekommen, um zu bleiben
In 20 Jahren hat sich Youtube von einer Plattform für Zoo-Videos zur wichtigsten Videobühne der Welt entwickelt. Die Plattform ist heute nicht nur Unterhaltungskanal, sondern auch Wissensquelle, Karrieresprungbrett und Geschäftsmodell für viele.
Und Youtube wird sich weiterentwickeln. Die Trends zu hochwertigen Langform-Inhalten und der Nutzung auf großen Bildschirmen werden die Plattform nachhaltig prägen. Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz und Virtual Reality könnten weitere spannende Möglichkeiten eröffnen.
Unsere Quellen:
- Youtube-Unternehmensdaten
- Eigene Einschätzungen von Digital-Experte Jörg Schieb
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