Cola, Fanta, Sprite, aber auch hippe Softdrinks wie Mate-Limos, istotonische Getränke oder Energydrinks - sie alle enthalten oft große Mengen an Zucker. Und sind bei Kindern und Jugendlichen besonders beliebt - aber genauso auch bei Erwachsenen.
Fast 125 Liter solcher Erfrischungsgetränke fließen in Deutschland durchschnittlich pro Jahr durch jede Kehle. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala stehen Limonaden, gefolgt von Cola und Cola-Mischgetränken - in der "normalen" Version mit vollem Zuckergehalt wohl gemerkt, nicht light.
Eine Ein-Liter-Flasche Cola enthält volle 100 Gramm Zucker, umgerechnet etwa zwölf Teelöffel. In einer einzelnen Dose Cola sind es 35 Gramm. Auch Eistee hat es in sich: Laut Verbraucherzentrale trinkt man mit einem einzigen Glas je nach Sorte umgerechnet bis zu sieben Würfelzucker.
Auch die Hersteller von Enerydrinks wie Red Bull oder Monster verzeichnen seit Jahren stark steigende Absätze in Deutschland.
Ernährungsexperten sehen hier ein Problem. Immerhin kippte die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission vor Kurzem eine Vorgabe, wonach Limonade immer mindestes sieben Gramm Zucker oder Süßstoff enthalten musste, um diese Bezeichnung zu tragen. Einige Bundesländer drängen aber nun auf die Einführung einer Zuckersteuer auf süße Limonaden: Hersteller von zuckerhaltigen Getränken sollen eine erhöhte Steuer auf solche Produkte zahlen.
Warum sollen süße Getränke reduziert werden?
Zwar ist Zucker auch eine lebenswichtige Energiequelle für den Körper - Herz und Gehirn zum Beispiel brauchen Glukose, um richtig zu funktionieren. Zu viel Zucker aber macht nicht nur dick, sondern kann auch zu diversen Krankheiten führen.
Auch, wenn es keinen wissenschaftlich festgelegten Grenzwert für Zucker gibt, kommt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach einem eigenen Gutachten zu der Erkenntnis, dass die Aufnahme von Zucker "so gering wie möglich" sein sollte.
In vielen Lebensmitteln sind versteckte Zucker enthalten, die man nicht ohne weiteres erkennt: In Obst ohnehin, aber auch zum Beispiel in Cornflakes, Fertiggerichten - auch Pizza -, Ketchup oder Fruchtjoghurts. Besonders unbemerkt nähmen Menschen Zucker über süße Getränke zu sich, warnt die EFSA. Die möglichen Folgen sind nicht nur Übergewicht und Karies. Auch Diabetes, Lebererkrankungen, Bluthochdruck oder Gicht bringen Mediziner eindeutig mit hohem Zuckerkonsum in Verbindung. Schwangere, die viel Süßes essen oder trinken, riskieren eine Schwangerschaftsdiabetes.
Gibt es anderswo schon eine Zuckersteuer?
Großbritannien hat 2018 eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke eingeführt. Laut einer Studie der Cambridge University hat sich die Fettleibigkeit bei zehn- und elfjährigen Mädchen seitdem um acht Prozent verringert. Umgerechnet seien das mehr als 5.200 Fällen von Übergewichtigen weniger pro Jahr in dieser Altersklasse.
Die Besteuerung der Briten ist gestaffelt: Ab fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter beträgt sie umgerechnet 21 Cent pro Liter, ab acht Gramm Zucker sind es 25 Cent. Experten sehen einen großen Anreiz für Getränkehersteller, den Zuckergehalt zu reduzieren, um die Steuer zu vermeiden.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) plädiert für die Einführung einer gestaffelten Zuckersteuer nach britischem Vorbild auch in Deutschland. In einer Studie kam das DIW zu dem Schluss, dass zu viel Zucker nicht nur krank mache, sondern damit auch hohe Kosten für die Gesellschaft insgesamt verursache: über Krankenkassenkosten etwa und Arbeits- und Steuerausfälle.
Wer fordert die Zuckersteuer in Deutschland?
Bislang sind es neun Bundesländer: Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Thüringen. Gemeinsam haben sie auf der gerade zuende gegangenen Verbraucherministerkonferenz eine Erklärung abgegeben.
Darin heißt es, man bitte den Bund, "die Einführung einer Steuer auf zuckerhaltige Softdrinks als herstellerbezogene Abgabe zu prüfen". Trotz freiwilliger Selbstverpflichtung und Zusagen der Industrie, so das Protokoll weiter, sei in Deutschland der durchschnittliche Zuckergehalt unter anderem von Softgetränken "nicht in dem Maße gesunken, wie für eine gesundheitsförderliche Ernährung erforderlich wäre".
NRW-Verbraucherministerin Silke Gorißen hat sich dieser Forderung nicht angeschlossen.
Warum ist NRW nicht dabei?
Auf WDR-Nachfrage erklärte das Ministerium am Dienstag: Um übermäßigen Zuckerkonsum in der Bevölkerung zu reduzieren, sei in erster Linie und Information der Verbraucher nötig. Außerdem müssten gesunde Ernährungsgewohnheiten schon im Kindesalter gefördert werden. "Entscheidend ist ein Ansatz, der auf den verantwortungsvollen und maßvollen Genuss abzielt."
NRW setze dabei auf eine Reihe von Maßnahmen - die sich aber offenbar alle auf den Schul- und Kitabereich beziehen: das "EU-Schulprogramm NRW mit den Programmteilen Obst und Gemüse sowie Schulmilch" beispielsweise. Außerdem berate die Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung der Landesregierung "in allen Fragen rund um eine gesundheitsförderliche Verpflegung".
Für Nordrhein-Westfalen ist der Süßigkeitensektor eine wichtige Branche. Zwar verlegte der Süßwaren-Riese Haribo vor einigen Jahren seinen Firmensitz von Bonn knapp über die Landesgrenze nach Rheinland-Pfalz. Dennoch kommt immerhin ein Drittel der bundesweit hergestellten Süßwaren aus NRW.
Laut IT.NRW stieg die Produktion der 47 größeren Süßwarenhersteller in den vergangenen Jahren stetig an. 2022 erreichte die industrielle Süßwarenproduktion demnach einen neuen Höchststand von 775.400 Tonnen, die Branche verzeichnete eine Absatzsteigerung von 10,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Der Hauptsitz von Katjes ist in Emmerich, und die mächtige Coca-Cola-GmbH betreibt an fünf Standorten in NRW Produktion oder Logistik. Das Unternehmen produziert nicht nur Coca-Cola, auch andere Süßgetränke wie Sprite, Fanta, Lift, Powerade oder Fuzetea gehören dazu.
Der Getränkehersteller Niederrhein Gold mit Sitz in Moers produziert nach eigenen Angaben täglich mehr als eine Million Liter Saft, Nektare, Fruchtsaftgetränke, Eistee und Wein. In Bielefeld sitzt der Limonadenhersteller Limoment, außerdem gibt es zum Beispiel mit Salvus, Römerwall, Schlossquelle, Carolinenbrunnen oder Ardeyquelle diverse Mineralbrunnen, die auch Limonaden herstellen.
Quellen:
- Protokoll Verbraucherministerkonferenz
- Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)
- Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin
- Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)
- WHO
- Stiftung Warentest
- IT.NRW
- Statistisches Bundesamt
- Statista
- Verbraucherzentrale