Kommunen wehren sich gegen Flüchtlingsunterkünfte

Aktuelle Stunde 08.09.2023 39:37 Min. UT Verfügbar bis 08.09.2025 WDR Von Cengiz Ünal

Flüchtlingsunterkünfte in NRW: Wo hakt es bei der zentralen Unterbringung?

Stand: 08.09.2023, 16:15 Uhr

Ein Hotel in Gladbeck wird nach Protesten von Stadt und Bürgern nicht zur zentralen Flüchtlingsunterkunft. Nicht zum ersten Mal wird so eine geplante zentrale Unterkunft verhindert - bei anderen kommt es zu Problemen.

Von Sascha Wandhöfer

Eigentlich sollte in Gladbeck eine zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) für bis zu 620 Menschen entstehen, in einem Hotel, weit außerhalb der Stadt. Zu viele Menschen auf zu engem Raum und zu weit weg von der Stadtgesellschaft, kritisierte die Stadt Gladbeck die geplante Unterkunft. Die sei damit unzumutbar für Flüchtlinge. Bürger sorgten sich zudem um die Sicherheit im direkt am Hotel gelegenen Naherholungsgebiet.

Nun kommt die Unterkunft also nicht. Das Land NRW will mit den zentralen Unterbringungseinrichtungen die Verteilung der Geflüchteten auf die Kommunen einfacher und gerechter machen. Das ist die vorgesehene Funktion dieser Unterkünfte. Denn zunächst kommen Geflüchtete in NRW in eine von fünf Erstaufnahmeeinrichtungen. Dort werden sie registriert und können ihren Asylantrag stellen. Nach wenigen Tagen werden sie einer von 28 zentralen Unterbringungseinrichtungen zugewiesen.

Sprachkurse und Freizeitangebote für Geflüchtete

Diese sind quer über das Land verteilt. Geflüchtete sollen dort Sprachkurse erhalten, ein schulnahes Bildungsangebot und Freizeitangebote. Wird der Asylantrag anerkannt, werden die Geflüchteten auf die Kommunen verteilt. Das kann einige Monate dauern. Der Vorteil für die Städte und Gemeinden: Die Finanzierung der zentralen Einrichtungen übernimmt komplett das Land.

Doch gegen die zentralen Unterkünfte kommt es immer wieder zu Protesten, zum Beispiel in Arnsberg. Dort hatte der Besitzer eines ehemaligen Klosters dem Land die Immobilie als ZUE angeboten, dieses Angebot nach persönlichen Drohungen aber wieder zurückgezogen - offenbar sehr zur Erleichterung vieler Anwohner.

Proteste in Arnsberg und Soest

Im April hatte das Land der Stadt Soest zugesagt, in der dortigen Einrichtung nur noch knapp die Hälfte und damit rund 600 Geflüchtete weniger aufzunehmen als bisher. Dort hatte der Soester Bürgermeister Ruthemeyer (CDU) kritisiert, dass sich durch die vielen Geflüchteten das Stadtbild verändert habe und die Kriminalität gestiegen sei.

Einen Protestbrief erhielt das Land aus Mülheim-Raadt. Darin beklagen die Anwohner Lärm, Müll und Drogenmissbrauch durch die Bewohner der benachbarten zentralen Flüchtlingsunterkunft. In einer Unterkunft in Rheine haben sich Bewohner selbst an eine kirchliche Beratungsstelle gewandt. Sie klagten über überfüllte Unterkünfte, Übergriffe und mangelnde medizinische Versorgung.

Kleinere Unterkünfte als möglicher Kompromiss

Zu viele Menschen auf zu wenig Raum - das scheint immer wieder das Problem zu sein. Dabei hat das Land NRW weitere zentrale Unterkünfte angekündigt. Die Kapazität soll auf 34.000 Plätze insgesamt steigen. Bisher gibt es in den 28 bestehenden Unterkünften Plätze für 30.000 Menschen. Aber: ZUE könnten künftig kleiner werden. In einer Stellungnahme des zuständigen Ministeriums gegenüber den WDR heißt es:

"Für Landeseinrichtungen ist [...] eine gewisse Größe für die jeweilige Einrichtung vonnöten, nicht aber zwangsläufig eine Kapazität von 300 oder mehr Plätzen. Wenn Land, Bezirksregierungen und Kommunen vor Ort gute Lösungen mit weniger als 300 Plätzen finden, wird das ebenfalls in den Blick genommen." Stellungnahme des Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration.

In Gladbeck soll nun genau das geschehen. Die Stadt sei sich bei der Aufnahme von Flüchtlingen ihrer Verantwortung bewusst. Man werde daher jetzt mit Land und Bezirksregierung nach möglichst dezentralen Lösungen suchen.

Über das Thema berichten wir am 08.09.2023 auch in der "Aktuellen Stunde" um 18:45 Uhr im WDR Fernsehen sowie im Hörfunk.