Ludwig van Beethoven - "Pastorale" Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 WDR Sinfonieorchester Video 24.02.2018 40:06 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Ludwig van Beethoven - "Pastorale" Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68

Stand: 13.03.2018, 12:03 Uhr

  • Teil des Beethoven-Zyklus 2017/2018 unter Jukka-Pekka Saraste
  • Das WDR Sinfonieorchester in der Kölner Philharmonie am 24.02.2018
  • Einführung in die Sinfonie Nr. 6 F-Dur

Von Clemens Matuschek

"Pastoral-Sinfonie, oder: Erinnerung an das Landleben. Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei." So lautet der vollständige Titel von Beethovens 6. Sinfonie und der Komponist legte größten Wert darauf, dass er auf dem Deckblatt der Partitur vollständig abgedruckt wurde. Offenbar ahnte er bereits, auf welch dünnes Eis er sich mit einer so konkreten Überschrift begeben hatte, die er im Nachsatz quasi gleich wieder relativierte.

Abstraktes Kunstwerk oder Ausdruck von Gefühl und Szenen?

Tatsächlich sah Beethoven sich einer ästhetischen Grundsatzfrage gegenüber, die noch lange nach seinem Tod für hitzige Debatten sorgen sollte: Muss Musik immer für sich stehen, als abstraktes Kunstwerk zum Selbstzweck? Oder sollte Musik etwas ausdrücken, ein Gefühl, eine Szenerie, eine Romanhandlung? Kurioserweise bezogen sich die Anhänger beider Positionen später (auch) auf Beethoven. Die eine Fraktion rühmte seine "absoluten" Sinfonien 3 und 5 als Ausdruck höchster Genialität. Die andere zog eine direkte Linie von Vivaldis "Vier Jahreszeiten" über Haydns "Schöpfung" bis hin zu Beethovens "Natur-Sinfonie".

Dass Beethoven sehr konkrete Bilder vor Augen hatte, zeigen schon die Satzüberschriften. Hier ist von einer "Szene am Bach" die Rede, vom "Lustigen Zusammensein der Landleute", einem "Gewitter" und einem "Hirtengesang". Und nicht nur das: All diese Dinge kann man in der Musik wirklich hören. So beginnt der zweite Satz mit dem leisen Murmeln einer Quelle, die sich nach und nach zu einem munteren Bächlein entwickelt – eine Blaupause für Smetanas "Moldau". Claude Debussy lästerte später, die Fagotte stellten dann wohl die Kühe dar, die aus dem Bach tränken. Gegen Ende des Satzes imitiert Beethoven sogar ornithologisch korrekt die Rufe von Nachtigall (Flöte), Wachtel (Oboe) und Kuckuck (Klarinette).

"Die süße Stille des Waldes"

Auch die derben Bauerntänze der Landleute lassen sich bestens heraushören. Nach dem ersten schmetternden Einsatz der Hörner leistet sich Beethoven einen seiner typischen Scherze: Die Oboe setzt mit ihrer tänzerischen Melodie leider einen Schlag zu früh ein und simuliert so einen Amateur-Dorfmusikus, den auch die energischen Basstöne des Fagotts nicht in den Takt zurückbringen können. Doch die fröhliche Tanzmusik reißt jäh ab: Ein Gewittersturm zieht auf. Blitze zucken durch die Geigen, die Pauke lässt Donnerschläge durch den Saal rollen. Schließlich weichen die Naturgewalten dem Lied eines erleichterten Hirten, das auf den "Dankgesang" in Beethovens Streichquartett op. 132 vorausweist.

Beethoven selbst war ein großer Naturliebhaber. Schon damals muss in der Stadt ein infernalischer Lärm geherrscht haben, vor dem er nur allzu gern in die Umgebung von Wien flüchtete. "Mein Dekret: Nur auf dem Lande bleiben", notierte er einmal. "Mein unglückseliges Gehör plagt mich hier nicht. Süße Stille des Waldes!" Kein Wunder, dass er das Bedürfnis verspürte, seinen Empfindungen und Beobachtungen in dem ihm eigenen Metier Ausdruck zu verleihen.

" Selbst denken, was der Autor will"

Gleichzeitig scheint ihm – der ja sonst eher auf abstrakte Kompositionstechniken setzte – die daraus resultierende Gegenständlichkeit der Sinfonie nicht ganz geheuer gewesen zu sein. Darauf deutet jedenfalls ein die Satztitel relativierender Hinweis in der Partitur hin: "Man überlässt es dem Zuhörer, die Situationen auszufinden. Wer jemals eine Idee vom Landleben bekommen hat, kann sich ohne viele Überschriften selbst denken, was der Autor will." Der Schlüssel zu diesem Dilemma könnte im ersten Satz der Sinfonie liegen. Schon sein Titel "Erwachen heiterer Empfindungen bei der Ankunft auf dem Lande" zeigt ja, dass hier kein Naturlaut porträtiert wird, sondern eine menschliche Emotion. Am Ende geht es also weniger um konkrete Details in der Musik als vielmehr um ihre Wirkung auf das menschliche Gemüt.

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