An ihm kam im 19. Jahrhundert niemand vorbei: Johannes Brahms. Sein Werk und Wirken zieht sich wie ein roter Faden durchs heutige Konzertprogramm. Das Wort des einflussreichen Komponisten, Pianisten und Dirigenten hatte Gewicht, zum Beispiel bei Verlegern. Der bis dato nahezu unbekannte Antonín Dvořák profitierte davon und machte über Nacht Karriere. Brahms’ Nachwirkungen sind bis in die Gegenwart spürbar, etwa bei Avner Dorman.
"After Brahms" nennt Avner Dorman seine drei Intermezzi, die er ursprünglich für die Pianistin Orli Shaham geschrieben hat. Heute erklingen sie in der 2014 erstellten Orchesterfassung. Die Musik des gebürtigen Israeli, der in den USA lebt und schon mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, speist sich aus einer Vielzahl kultureller und historischer Einflüsse. Seine Kompositionen sind zwar streng konstruiert, bewahren aber ein Gefühl von Frische und Spontaneität. Dorman bedient ein weites Repertoire, das von Orchester- und Ensemblekompositionen über Kammermusik bis zur Oper reicht und inzwischen regelmäßig in Europa und den USA aufgeführt wird.
"Monologe in einsamer Abendstunde"
Der beziehungsreiche Titel "After Brahms" schwankt zwischen Hommage und Abgrenzung. Dormans Inspiration für seine Orchester-Intermezzi ging von den spätromantischen Klavierstücken op. 116 – 119 aus, mit denen Brahms sein Alterswerk krönte; laut Musikkritiker Eduard Hanslick "Monologe", die "Brahms in einsamer Abendstunde" mit sich selbst hielt.
Johannes Brahms am Klavier
Im Intermezzo Nr. 1 übernimmt Avner Dorman aus Brahms’ Intermezzo op. 118 Nr. 1 Elemente der linken und rechten Hand, deren Zusammenprall eine intensive Reibung erzeugt. Sehr gegensätzlich dazu das zweite Orchester-Intermezzo, in Tempo und Lautstärke stark zurückgenommen. Die charakteristische dreitönige Melodie aus Brahms’ Intermezzo op. 119 Nr. 1 wird hier nur mehr verzerrt widergespiegelt. Im Intermezzo Nr. 3 imitiert Avner Dorman Brahms’ Stil und ruft dadurch die Art elegischer Selbstbeobachtung und -reflexion hervor, wie sie für den späten Brahms typisch ist.