Was tun, wenn man als Komponist ein musikalisches Thema erfunden hat, das beim Hören mehr als ein freudiges Lächeln auf das Gesicht zaubert? Vor dieser Frage stand Antonín Dvořák im Jahr 1873. Der damals 31-Jährige war noch weit von seinem späteren Ruhm entfernt. Doch sein Instinkt gegenüber dem eigenen Schaffen war bereits äußerst treffsicher. Ihm war vollkommen klar: Das Thema aus dem langsamen Satz seines Streichquartetts f-Moll op. 9 hatte mehr Potential als nur für den bescheidenen Kammermusik-Rahmen. Also hob Dvořák dieses Thema in seiner Romanze op. 11 für die Solovioline auf die große Konzertbühne – ein lyrischer Vorläufer seines Violinkonzerts, das er gut fünf Jahre später komponieren sollte.
Mit der Komposition dieser Romanze stellte sich Dvořák dem Vergleich mit berühmter Konkurrenz, nämlich den beiden Romanzen für Violine und Orchester von Ludwig van Beethoven. Die Uraufführung im Dezember 1877 im Böhmischen Theater in Prag war in dieser Hinsicht vielversprechend, obwohl ihm mit dem Solisten namens Josef Markus keine Berühmtheit zur Verfügung stand. Doch auch sonst kam Bewegung in Dvořáks Karriere. Von 1874 bis 1877 erhielt er ein jährliches staatliches Stipendium. An dieser Entscheidung war kein Geringerer als Johannes Brahms beteiligt. Er war es auch, der Dvořák just im Uraufführungsjahr der Romanze zum internationalen Durchbruch verhalf: Brahms vermittelte den jüngeren Kollegen an seinen eigenen Verleger Fritz Simrock. Für den "einfachen böhmischen Musikanten" – wie Dvořák sich selbst bezeichnete – kam dies einem Ritterschlag gleich. Die Romanze war dann eines seiner ersten Werke, die bei Simrock im Druck erschienen. Die jahrzehntelange Zusammenarbeit der beiden war nicht leicht: Oft genug fühlte sich der Komponist durch seinen Verleger übervorteilt, Streit war an der Tagesordnung. In seiner Romanze hingegen zeigt sich Dvořák von seiner friedfertigsten Seite. Selbst der schnelle Mittelteil wird getragen von der beseelten Stimmung des Hauptthemas.