C-Dur: die strahlende Tonart des Lichts und der Freude. Genau das fängt Fanny Hensel in ihrer Ouvertüre ein, die das heutige Konzert eröffnet. Viel Helligkeit war auch in ihrem Leben: Geboren als Fanny Mendelssohn, hat sie wie ihr vier Jahre jüngerer Bruder Felix das Glück, in eine wohlhabende Familie hineingeboren zu sein. Bildung gilt als das höchste Gut. Und so werden die Kinder der Familie Mendelssohn von den besten Lehrern unterrichtet: am Klavier unter anderem von Ignaz Moscheles, in Komposition von Carl Friedrich Zelter. Letzterer war der Leiter der Berliner Sing-Akademie und hatte mit seiner konservativen Ästhetik großen Einfluss auf das Musikverständnis seines Duzfreundes Goethe. Den bei ihm Lernenden brachte Zelter die Musik von Johann Sebastian Bach, aber auch Beethoven nahe. Und so lässt die Ouvertüre C-Dur, die Fanny Hensel als 27-Jährige komponiert, stark an den in Bonn aufgewachsenen Meister denken. Auch Christoph Willibald Gluck klingt als Bezugsgröße an. Dessen Oper "Orfeo ed Euridice" führt Hensel in der Zeit auf, als sie an der Ouvertüre schreibt.
Im Jahr 1831 belebt Fanny Hensel eine zuvor gemeinsam mit Felix bestrittene Institution wieder: die sogenannten Sonntagsmusiken. Jeden zweiten Sonntag veranstaltet sie ein Privatkonzert, zu dem bis zu 300 Personen ins große Mendelssohn’sche Wohnhaus an der Leipziger Straße in Berlin strömen. Sie wissen: In der ganzen Stadt gibt es keine so exquisiten Musikaufführungen wie hier. Hensel leitet die Konzerte selbst, meist vom Klavier aus. Bei der Uraufführung ihrer Ouvertüre C-Dur im Jahr 1834 jedoch steht sie als Dirigentin vor dem Orchester des Berliner Königsstädtischen Theaters – erstmals in ihrem Leben mit der gerade einmal etwa zehn Jahre alten Erfindung eines modernen Taktstocks in der Hand. Wie die Kollegin Johanna Kinkel über Hensels Dirigat festhält: "Ein Sforzando ihres kleinen Fingers fuhr uns wie ein elektrischer Schlag durch die Seele und riss uns […] fort".