Faust. – Schon der Name der historischen Person Johann Georg Faust (um 1480 bis um 1541) ist dazu angetan, sich ins kollektive Gedächtnis einzuhämmern. Hinzu kommt das Ende dieses Wunderheilers, Wahrsagers und Alchemisten: Durch chemische Experimente wollte Faust Gold herstellen. Eine Explosion hinterließ ihn, so heißt es, in "grässlich deformiertem Zustand". Man war sich dessen sicher: Nur der Teufel konnte hier die Finger im Spiel gehabt und sich seiner Seele bemächtigt haben. Auf der Erinnerung an jene reale Person fußt Goethes berühmte "Faust"-Tragödie. Der Dichterfürst hat sich mit dieser Schöpfung in die Höhen des Weltliteratur-Olymps hinaufgeschrieben. Unzählig sind die Reflexe auf dieses Werk – nicht zuletzt auch die musikalischen: von Liedern Beethovens und Schuberts bis hin zu den großformatigen Kompositionen von Berlioz, Schumann, Liszt und Gounod.
Richard Wagner kannte "seinen" Faust schon als Teenager aus dem Effeff. Prompt war der 16-Jährige davon inspiriert und schrieb "Sieben Kompositionen zu Goethes Faust". Zehn Jahre später reiste Wagner nach Paris – in der Hoffnung, in der französischen Hauptstadt zu reüssieren. Wenige Wochen später wurde dort die monumentale Symphonie dramatique "Roméo et Juliette" von Hector Berlioz uraufgeführt. Ein für Wagner nachdrückliches musikalisches Erlebnis. Davon beflügelt, plante er, Goethes "Faust" ebenfalls als mehrsätzige programmatische Sinfonie zu vertonen. Den ersten Satz, überschrieben mit "Faust in der Einsamkeit", hatte er schnell zu Papier gebracht, auch Skizzen zum zweiten ("Gretchen"). Doch dann stagnierte das Projekt. Den ersten Satz dirigierte Wagner erstmals 1844 in Dresden. Weitere zehn Jahre später war es Franz Liszt, der sich an seine eigene "Faust-Sinfonie" begab und sie auch vollendete – und Wagner gut zuredete, seinen sinfonischen Satz zu überarbeiten. Die Neufassung hob Wagner dann im Jahr 1855 in Zürich aus der Taufe, nun unter dem Titel "Eine Faust-Ouvertüre".